Intelligente Modultechnik: Die Verschließmechanik wird zum Kühlkörper für Linearmotoren unerreichter Leistungsdichte
Jederzeit optimale Verpackungsergebnisse zu gewährleisten, auch wenn die Produkteigenschaften schwanken und die Produktsorten häufig wechseln, das gehört zu der größten Herausforderung eines Maschinenbauers.
Jederzeit optimale Verpackungsergebnisse zu gewährleisten, auch wenn die Produkteigenschaften schwanken und die Produktsorten häufig wechseln, das gehört zu der größten Herausforderung eines Maschinenbauers. Die Alpenland Maschinenbau GmbH, kurz Alpma, hat sie angenommen und erfolgreich bewältigt: Die neue Folieneinschlagmaschine Multisan verpackt runden und rechteckigen Weichkäse ohne Kompromisse, ebenso wie Käse im Karospar-, Zylinder- oder Halbmondformat. Aufwändige Umbauten oder lange Rüstzeiten sind dabei nicht mehr erforderlich.
Problem: immer kleinere Losgrößen
„Es gibt heute Käsereien, die haben nur ganz wenige Käsesorten im Programm, stellen aber ihre Produktion trotzdem alle zwei oder drei Stunden um, weil sie jede Lastwagenladung auftragsbezogen produzieren“, berichtet Helmut Eitermoser, der Konstrukteur der Multisan, und nennt damit einen Spezialfall für häufige Produktwechsel, mit denen sich aus diversen Gründen auch andere Kunden von Alpma auseinandersetzen müssen. Meist sind die Ursachen für immer kleinere Losgrößen die gleichen, wie in anderen Branchen auch: kundenspezifische Produktanforderungen, immer kürzere Produktlaufzeiten bzw. eine weiter zunehmende Produktvielfalt.
Die Grenzen der Kurvenmaschine
Bisher sind in Käsereien Verpackungsanlagen verbreitet, in denen eine mechanische Königswelle und darauf montierte Kurvengetriebe für die synchronisierte Bewegung der einzelnen Aggregate sorgen.
„Diese Kurvenmaschinen waren und sind die richtige Lösung, wenn es darum geht, nur eine Produktsorte zu verpacken. Sie sind sehr präzise, kosteneffizient und langlebig“, stellt Helmut Eitermoser fest. „Auch zwei ähnliche Formatformen – wie Rund und Halbmond – und unterschiedlich große Produkte einer Form lassen sich auf ihnen noch mit vertretbarem Aufwand verarbeiten. Allerdings muss dann immer ein Kompromiss eingegangen werden, was nichts anderes bedeutet, dass die Verpackungen der jeweiligen Produktvarianten hinter dem Optimum zurückbleiben.“
Sollen auf ein und derselben Maschine gleich mehrere unterschiedliche Produkte in schnellem Wechsel mit einer Falt- bzw. Einschlagverpackung versehen werden, stößt die Kurvenmaschine allerdings an ihre Grenzen, da vor einem Produktwechsel erst größere Umbauten oder sogar ein Tausch der Maschine nötig sind.
In Frankreich, dem Heimatland des Weichkäses und der Einschlagverpackung, wurde daher zuletzt der Ruf nach einer flexibleren Lösung immer lauter. Alpma hat diesem Wunsch als weltweit führender Anbieter von Prozess-, Anlagen- sowie Schneide- und Verpackungstechnik für Käsereien, mit der Entwicklung der Multisan Rechnung getragen.
Elektronische Königswelle und Kurvenscheiben
Die hohe Flexibilität der neuen Folieneinschlagmaschine kommt nicht von ungefähr. Erst mit dem Einsatz modernster Direktantriebstechnik in Verbindung mit einer virtuellen Königswelle und elektronischen Kurvenscheiben, welche die mechanischen Pendants komplett abgelöst haben, wurden von Alpma die dafür erforderlichen Grundlagen geschaffen.
Die für die Einschlagverpackung typische Kuvertfaltung am Käseboden wird nunmehr mithilfe von vier horizontal montierten Linmot-Linearmotoren erzeugt, die über ein Gestänge jeweils eine Verschlusslamelle antreiben. Nachdem der Käse zuvor von der Maschine in Verpackungsfolie eingeschlagen und von einer Zange auf einem Rundteller fixiert wurde, drücken die Lamellen die überstehende Folie in kurzer Folge nacheinander an der Unterseite des Produkts so zusammen, dass sich die gewünschte Faltung ergibt. Eine weitere Linearmotorachse fördert den Käse dann aus dem Rundteller auf ein Band, das den Käse zu den nächsten Stationen weitertransportiert.
Linmot-Linearmotoren: unerreichte Leistungsdichte
„In Demoaufbauten hat sich gezeigt, dass sich rotative Servomotoren für diese Aufgabenstellung nicht eignen, weil sie zu viel Platz einnehmen“, begründet Helmut Eitermoser die Grundsatzentscheidung pro Linearmotoren. In einer anschließenden Evaluierungsphase konnte sich Linmot gleich gegen mehrere Mitbewerber durchsetzen. „Nur die Linmot-Motoren haben bei den von uns gewünschten kleinen Abmessungen die erforderliche Performance gezeigt“, bringt es der Konstrukteur auf den Punkt. „Wenn von den Motoren anderer Hersteller überhaupt die gleiche Performance erreicht wurde, dann nur bei doppelter Baugröße!“
Bei der Multisan kommen Motoren vom Typ PS01-23x160H-HP-R zum Einsatz, die – den Steckeranschluss am Ende nicht berücksichtigt – nur einen Durchmesser von 23 mm (Stator) aufweisen und trotzdem in der Lage sind, mit dem Linmot-Regler E1130-DP-HC eine maximale Spitzenkraft von 130 N zu liefern. Die passenden Läufer sind als Katalogware in diversen Varianten für Hübe von 20 bis 780 mm erhältlich. Für die Multisan wurde die Ausführung für einen Hub von 120 mm gewählt.
Kompletter Formatwechsel in wenigen Minuten
Diese platzsparende Bauform der Linearmotoren hat dann auch entscheidend dazu beigetragen, dass die Maschine nur die Standfläche in Anspruch nimmt, die schon die vergleichbare Variante mit mechanischer Königswelle, die SAN 80 TS, belegte. Auch bei der Taktzahl gibt es eine Übereinstimmung: Beide arbeiten mit bis zu 80 Takten.
Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Denn durch die Direktantriebstechnik konnte die Multisan wesentlich modularer aufgebaut und für eine flexiblere Nutzung ausgelegt werden. So hat Alpma die mechanische Einheit mit den Lamellenantrieben zu einem Modul vereint, dass mehrmals in der Maschine Verwendung findet und so konstruiert ist, dass es gleichzeitig als Kühlkörper für die Linearmotoren fungiert.
Eine Formatumstellung ist durch den konsequent modularen Aufbau und die Verwendung elektrischer Antriebe statt einer mechanischen Königswelle bei der Multisan denkbar einfach geworden: Mit wenigen Handgriffen lässt sich das Verschließmodul lösen und an eine andere Position montieren, ohne dass das flexible Versorgungskabel des Linearmotors gelöst werden müsste. Danach muss nur noch das entsprechende Programm über die benutzerfreundliche Bedienerführung via Touchscreen gestartet werden und schon kann mit der gleichen Maschine, die vor wenigen Minuten bspw. noch ovale Käse verarbeitete, ein Käse im Karo-spar-Format verpackt werden. Zusätzlich erweitern diverse einfach montier- bzw. demontierbare Umbausätze (Formatsätze) das Einsatzspektrum der Multisan.
Immer optimale Verpackungsergebnisse
„Wir haben das sehr feinfühlige und direkte Reaktionsverhalten der Linmot-Linearmotoren darüber hinaus dazu genutzt, dem Betreiber ein Instrument an die Hand zu geben, auf Schwankungen der Produktkonsistenz zu reagieren“, fügt Helmut Eitermoser an. „Der Verantwortliche vor Ort kann damit selbst für verschiedene Konsistenzen eigene Parameter festlegen, so dass der Maschinenbediener bei einer Veränderung der Produkteigenschaften die Einstellungen der Maschine mit nur einem Knopfdruck im laufenden Betrieb anpassen kann.“ So sind mit der Multisan nicht nur bei unterschiedlichen Produktformaten immer optimale Ergebnisse gewährleistet, sondern auch bei den unvermeidlichen, kleinen Schwankungen im Produktionsprozess.
Maschinenverkäufe verdoppelt
Mit diesen Merkmalen hat die neue Verpackungsmaschine von Alpma den Nerv des Marktes getroffen, wie die Verkaufszahlen eindrucksvoll belegen: Sie lagen bereits in den ersten Monaten nach der Maschineneinführung um das Doppelte über den sonst üblichen Bestellungen im gleichen Zeitraum.
Auf diesem Erfolg will sich Alpma nicht ausruhen und tüftelt bereits an Weiterentwicklungen der Multisan, wie der Konstrukteur des Unternehmens preisgibt: „Die Möglichkeiten der Linmot-Linearmotoren haben wir noch lange nicht ausgereizt. Wir arbeiten daher daran, den Durchsatz der Maschine auf 100 Takte zu erhöhen.“
Doch damit nicht genug: Bis jetzt werden die Linearmotoren von Linmot-Reglern angesteuert, die mit der Maschinensteuerung, einer SPS von Schneider Electric, über Profibus kommunizieren. Alpma arbeitet aber bereits an der Umstellung auf Sercos III. Dabei kommt dem Maschinenbauer sehr entgegen, dass Linmot bereits für eine direkte Unterstützung der Regler aus dem Hause Schneider Electric gesorgt hat. „Diese Integration bedeutet für uns, dass wir nach der Umstellung noch präziser regeln können und nur noch eine Programmierumgebung brauchen“, blickt Helmut Eitermoser erwartungsvoll in die Zukunft.
Linmot Linearmotoren im Einsatz bei dem Spezialisten für Verpackungsmaschinen Tölke.