Kontrollierte Käsereifung mit Hilfe eines Automatisierungssystems
Deutschland ist ein Käseland. Pro Kopf werden jährlich fast 25kg verzehrt, das ist nur ein Kilo weniger als in Frankreich. Von der Nordsee bis zum Allgäu werden von großen und kleinen Molkereien rund 150 verschiedene Käsespezialitäten angeboten. Die Käseproduktion ist ein traditionelles Handwerk, das sich in den letzten Jahrhunderten kaum verändert hat. Doch auch bei unveränderten Prinzipien hält die moderne Technik ihren Einzug in die Käseproduktion. So setzt auch eine Käserei im Allgäu jetzt ein Automatisierungssystem zur kontrollierten Käsereifung ein.
Der Weg von der Milch zum Käse ist immer identisch. Frische oder pasteurisierte Milch wird entrahmt und anschließend mit Sahne auf einen definierten Fettgehalt eingestellt. Das Milchgemisch wird mit Hilfe von Milchsäurebakterien vorgereift und anschließend mit Lab zum Gerinnen gebracht, der so genannte Käsebruch entsteht. Durch Abtropfen und Pressen wird die restliche Molke vom Käsebruch getrennt. Danach folgt die Ruhezeit. In dieser Phase, die Wochen oder Monate dauern kann, bekommt der Käse seinen ganz besonderen Charakter.
Die Firma Gebr. Baldauf stellt im Allgäu bereits seit über 150 Jahren Käsespezialitäten aus Heumilch her und betreibt mehrere kleine Dorfsennereien. An zwei dieser Standorte sollt mit Hilfe von Wärmebehandlungskammern die Käsequalität weiter optimiert werden. Dazu sollten während des Reifeprozesses so genannte themophile Käsekulturen zum Einsatz kommen, die für einen milderen, weniger säuerlichen Geschmack sorgen. Während herkömmliche, mesophile Kulturen bereits ab 25 °C optimal arbeiten, ist das bei ihren thermophilen Verwandten erst bei deutlich höheren Temperaturen der Fall. Dafür kann der Prozess sehr präzise über den pH-Wert gesteuert und dadurch eine gleichbleibend hohe Produktqualität garantiert werden. Bei der Umsetzung dieses Projekts vertraute das Unternehmen auf Produkte und Engineering-Lösungen der Firma Jumo.
Das Jumo-Engineering-Team bündelt die jahrzehntelange Erfahrung des Unternehmens in der industriellen Mess-, Regel- und Automatisierungstechnik, unterstützt Kunden bei der kompletten Projektabwicklung und entwickelt maßgeschneiderte Applikationen für eine Vielzahl von Branchen. Das umfangreiche Angebot reicht von grundlegenden Machbarkeitsanalysen über die Durchführung von Workshops, die Erstellung von Lasten- und Pflichtenheften bis hin zur Konfiguration, Programmierung und Überprüfungen von Automatisierungslösungen.
Zusätzlich zur Inbetriebnahme und der Projektdokumentation werden auch passgenaue Schulungen angeboten. Die Aufgabenstellung in diesem Fall war es, an zwei Standorten jeweils zwei Wärmebehandlungskammern mittels eines Temperaturprofils zu regeln. Zusätzlich musste der pH-Wert der Produkte konstant gemessen werden, da dieser das Abschaltkriterium im Wärmebehandlungsprozess ist. Die Prozessdaten müssen erfasst werden und dem Fernzugriff via Internet zugänglich sein.
All diese Anforderungen konnten mit dem Automatisierungssystem Jumo Mtron T, dem Mehrkanalmessgerät Jumo Aquis touch P sowie mit Jumo Temperatur- und pH-Sensoren realisiert werden. Das Mtron T von Jumo ist modular aufgebaut und so kann die gleiche Hardware verschiedenste Messgrößen wie Temperatur, Druck oder Feuchte präzise erfassen und digitalisieren. Für individuelle Steuerungsapplikationen verfügt das System über eine SPS (Codesys V3), Programmgeber- und Grenzwertüberwachungsfunktionen sowie Mathematik- und Logikmodule.
Neben der Flexibilität spielte beim Einsatz der Automatisierungslösung auch die Zukunftssicherheit und die Erweiterungsmöglichkeiten eine bedeutende Rolle. So erlaubt das Jumo Mtron T z. B. den gleichzeitigen Betrieb von bis zu 120 Regelkreisen. Mittels Optionssteckplätzen können Ein- und Ausgänge jedes Reglermoduls darüber hinaus individuell erweitert und angepasst werden.
Ein weiterer Vorteil ist die übersichtliche Darstellung aller erfassten Werte. Das Multifunktionspanel ermöglicht neben der Visualisierung auch die komfortable Bedienung der Regler und Programmgeber. Weiterhin ist ein benutzerabhängiger Zugriff auf Parameter- und Konfigurationsdaten des Gesamtsystems möglich. Als Besonderheit sind beim Jumo-System die Registrierfunktionen eines vollwertigen Bildschirmschreibers inklusive Webserver implementiert. Zum Auslesen und Auswerten der aufgezeichneten Daten stehen bewährte PC-Programme zur Verfügung. Bei der Lösung für die Käserei im Allgäu erfolgt die Bedienung am HMI komplett über individuelle Prozessbilder. Diese ermöglichen die Programmauswahl, den Programmstart sowie die Eingabe eines Chargenfeldes.
Der pH-Wert im Käse wird mittels Jumo Aquis touch P über eine Einstichelektrode und die Temperatur über einen Einstichfühler gemessen. Dieses modulare Mehrkanalmessgerät für die Flüssigkeitsanalyse mit integriertem Regler und Bildschirmschreiber bildet eine zentrale Plattform für die Anzeige und Weiterverarbeitung der entsprechenden Sensorsignale. Ganz gleich, ob pH- oder Redoxwerte, die elektrolytische Leitfähigkeit, den Reinstwasser-Widerstand, Temperaturen oder Desinfektionsmessgrößen geht, wie etwa freies Chlor und Gesamtchlor, Chlordioxid, Ozon, Wasserstoffperoxid oder Peressigsäure gemessen werden müssen.
Die Wärmekammern in beiden Sennereien sind mit dem Stammhaus des Unternehmens vernetzt. Die Chargendaten der Anlagen werden auf dem Server der Zentrale ausgelesen und entsprechende Formularausdrucke als pdf-Dokument auf dem Server abgelegt. Darüber hinaus kann anhand des Formulars erkannt werden, aus welcher Sennerei es stammt und es wird zusätzlich auf dem Netzwerkdrucker der jeweiligen Sennerei ausgedruckt.
Fazit
Für die Gebr. Baldauf war es wichtig, dass die gewünschte Applikation schnell und einfach realisiert werden konnte. Durch den Systemgedanken des Jumo Engineerings konnte eine kostengünstige Gesamtlösung realisiert werden.