Lasersensorik in explosiongeschützten Bereichen
Das Abfüllen von Gefahrgut ist zumeist ein manueller Prozess, mit Risiken für die ausführenden Mitarbeiter. Hier sind innovative Lösungen gefragt, um die Sicherheit von Mensch und Umwelt jederzeit zu gewährleisten.
Voortmann Steuerungstechnik hat auf unterschiedlichen Verladezwecke zugeschnittene Sicherheitslösungen entwickelt und baut dabei auf einen 2-D-LiDAR-Sensor von Pepperl+Fuchs.
Etwa 40 % aller chemischen Erzeugnisse fallen in die Kategorie „Gefahrgut“. Davon werden nur 12 % über die Schiene befördert, etwa 40 % sind in Lkws auf den Straßen unterwegs. Trotz der großen Zahl dieser Transporte ist das Abfüllen keine Standardprozedur. Zum einen sind die Fahrzeuge, die zum Einsatz kommen zu unterschiedlich. Zum anderen weichen die Produkteigenschaften, die diese Vielzahl von Gasen, Flüssigkeiten und Granulaten aufweisen erheblich voneinander ab. Daher erfolgt das Befüllen von Kessel- und Straßentankwagen üblicherweise nicht vollautomatisch, sondern in der Regel unter Personeneinsatz.
Besonders heikel ist dieser enge Umgang mit Gefahrstoffen natürlich dort, wo Explosionsgefahr besteht, aber auch sonst ist das Arbeiten auf Bühnen, die bis zu 4 m hoch platziert sind mit Risiken behaftet. Hinzu kommt das Tragen massiver Arbeitskleidung, die diese Umgebung erfordert und gelegentlich ist außerdem der Einsatz von Atemschutzgeräten notwendig. Die Fehlerwahrscheinlichkeit erhöht sich so durch eingeschränkte Bewegungsfreiheit und ein verkleinertes Sichtfeld deutlich.
Das Unternehmen Voortmann Steuerungstechnik aus dem nordrheinwestfälischen Issum hat hier exakt auf die unterschiedlichen Verladezwecke zugeschnittene Sicherheitslösungen entwickelt. Der Spezialist für Steuerungs-, Druckluft-, Verlade- und Sprühsysteme bietet bspw. Absturzsicherungen auf Basis von Lichtschranken und Kontaktschaltleisten an. Als besonders vielversprechend hat sich allerdings der Einsatz von Lasersensorik in diesem Arbeitsumfeld erwiesen. Mit dieser Technologie ist es dem Unternehmen gelungen den Verladeprozess von „Gefahrgut“ erheblich sicherer und effizienter zu gestalten.
Mit Sensortechnik für mehr Sicherheit
Um das zu erreichen, wird die Position der Hebebühnen beim Verladeprozess nicht nur einfach per Knopfdruck manövriert, sie wird dabei auch permanent von einem optoelektronischen Sensor überwacht. Voortmann baut bei dieser Applikation auf den 2-D-LiDAR-Sensor R2000 des Mannheimer Unternehmens Pepperl+Fuchs, der üblicherweise bei Anwendungen im Bereich Automobilfertigung und Lagerhaltung oder an fahrerlosen Transportsystemen (FTS) zum Einsatz kommt. Das Gerät hat sich bei Positionieraufgaben in der Fabrikautomation durch seine hohe Präzision und große Zuverlässigkeit bewährt.
Der Sensor überzeugt aber nicht nur bei diesen Einsätzen in Innenbereichen wie Fabrikhallen und Warenlagern. Die Mehrfachauswertung einzelner Scans sowie die Einstellbarkeit der zu detektierenden Objektgröße ermöglicht das zuverlässige Erkennen und Herausfiltern von Störkörpern wie Regentropfen oder Schneeflocken. Zudem ist der R2000 in Schutzart IP67 ausgeführt und somit prinzipiell auch für Außenbereiche geeignet. Zum Einsatz kommt bei diesem Sensor die von Pepperl+Fuchs entwickelte Pulse Ranging Technology (PRT). Mit bis zu 54.000 Impulsen pro Sekunde und einer hohen Winkelauflösung ermöglicht sie äußerst präzise Messergebnisse und detektiert quasi in Echtzeit die erfassten Fremdkörper. Damit ist der Sensor optimal für die beschriebenen Sicherheitsanwendungen geeignet. Aufgrund des 360°-Messwinkels ist darüber hinaus nur ein einziger Sensor notwendig, weshalb die Lösung enorm kosteneffizient ist.
Um die Sicherheit im Rahmen der Abfüllprozesse zu gewährleisten, wird der Sensor unter dem Geländer der Hebebühne auf Höhe der Füllvorrichtung montiert. Hier spannt er sein Scanfeld auf und überwacht die Position an den Fahrzeugen. So erkennt und meldet er, Fehlpositionierungen, um bspw. Kollisionen zwischen Hebebühne und dem Geländer des Kesselwagens zu verhindern. Wird bspw. vor dem Abfüllen die Plattform zu weit in Richtung des Fahrzeugs herabgelassen, löst der Scanner durch Blinklicht sowie akustisches Signal zweifachen Alarm aus und die Bewegung wird automatisch unterbrochen. Personal wie auch Anlage werden durch diese automatisierte Prüfung geschützt und der Abfüllvorgang kann ohne zeitaufwendige Kontrollen eingeleitet werden.
Bei Endkunden gab es darüber hinaus den Wunsch eine solche R2000 basierte Absturzsicherung für Kesselwagen auch im Bereich der Atex-Zone 1 einsetzen zu können.
Das stellte allerdings eine gewaltige Herausforderung dar, denn sowohl die Betriebsspannung des R2000 als auch die von ihm ausgesendete optische und elektromagnetische Strahlung können potenzielle Zündquellen für explosionsgefährdete Atmosphären sein. Bei Voortmann kam man daher auf die Idee, den Sensor in ein Atex-zugelassenes Gehäuse einzubauen. Man beschloss die Lösung gemeinsam mit den Spezialisten von Pepperl+Fuchs zu entwickeln, da diese nicht nur im Bereich der industriellen Sensorik, sondern auch im elektrischen Explosionsschutz über die entsprechende Expertise und jahrzehntelange Erfahrung verfügen.
Eine innovative Lösung für den Ex-Bereich
Tatsächlich galt es im Rahmen der Entwicklung einen echten Widerspruch zu lösen. Wie sollte man ein optoelektronisches Gerät, das für seine Aufgabe absolut freie Sicht benötigt, in eine Kompletteinhausung packen? Als Antwort auf diese zentrale Fragestellung montierte man den R2000 per Haltewinkel in ein Gehäuse der GUB-Serie von Pepperl+Fuchs. Diese aus kupferfreiem und korrosionsresistentem Aluminium bestehenden Umhausungen der Zündschutzart Ex d (druckfeste Kapselung) verfügen über ein integriertes Sichtfenster, das es dem Sensor ermöglicht, sein Scanfeld unterhalb der Hebebühne aufzuspannen. Um eine Lichtbrechung und mögliche Streuung, die zu einem verfälschten Signal führen könnten zu umgehen, wurden eine Flachscheibe und ein um 15° zur Scheibe gekippter R2000 verwendet.
Die von Voortmann entwickelte Absturzvorrichtung mit 2-D-LiDAR-Sensor von Pepperl+Fuchs ist die erste ihrer Art, die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzt werden kann. Darüber hinaus kann die Lösung auch den Anwendungsanforderungen entsprechend flexibel modifiziert und erweitert werden. Möglich wäre z. B. die Integration einer innenliegenden Heizung oder eines Membranstutzens zur Luftzirkulation, wenn dies aus klimatischen Gründen gewünscht wird.
Dank der engen Kooperation der beiden Unternehmen im Rahmen der Lösungsfindung, wurden so nicht nur wertvolle Erkenntnisse in puncto Lasersensorik und Explosionsschutz gewonnen. Den Endkunden kann künftig auch ein durchgängiges System für nicht explosionsgefährdete wie auch explosionsgefährdete Bereiche angeboten werden, dass die Zonen 1 und 21 sowie 2 und 22 einschließt und international eingesetzt werden kann. Für den Anwender verspricht das sehr hohe Effizienz bei Planung, Montage, Inbetriebnahme, Lagerhaltung und dem späteren Service. Insgesamt also eine für alle Seiten sehr erfolgreiche Zusammenarbeit.
Der Autor
Alexander Aust, Pepperl+Fuchs