Bei der Haltbarmachung von Teigwaren stellt die thermische Trocknung mit kontinuierlich laufenden Bandtrocknern das meist genutzte Verfahren dar. Neben der Herabsenkung des Wassergehalts und der Wasseraktivität hat dieser Prozess auch Einfluss auf die strukturellen und qualitativen Eigenschaften der Teigwaren. Um diese in gewünschter Form zu beeinflussen, existieren in der Praxis für jedes Produkt eine „optimale“ Luftfeuchte, -geschwindigkeit und -temperatur sowie Verweilzeit im Trocknungskanal, die empirisch ermittelt werden. Dennoch bleiben hohe energetische und wirtschaftliche Potenziale ungenutzt, welche sich aus der gezielten, lokalen Beseitigung von Inhomogenitäten ergeben würden. Dabei ist davon auszugehen, dass bei einer Bandanlage sowohl über die Länge als auch über die Breite Inhomogenitäten, insbesondere Feuchtigkeitsnester, während der Trocknung auftreten.
Das Hauptziel des Forschungsvorhabens „Trocknung bei automatisierter Teigwarenherstellung“ (AiF 19018 N) war es, eine Prozessführungsstrategie für die automatisierte Trocknung am Beispiel von Teigwaren zu realisieren, welche Produktinhomogenitäten detektiert und reduziert bzw. beseitigt. Die Kompensation der detektierten Inhomogenitäten erfolgte mittels zusätzlicher Düsenströmung von Heißluft entlang der Trocknerbreite, die über einen Multisensor und einen Fuzzy-Regler eingestellt wurde.
Multisensorik
Die Detektion der Inhomogenitäten erfolgte durch Rasterung entlang der Trocknungskanalbreite mit einem neuartigen, nicht-invasiven Multisensor, der die Produktfeuchte mittels NIR-Messtechnik sowie die Oberflächentemperatur und die Farbe des Produkts optisch bestimmte. Für eine flächenmäßige NIR-Messung wurden sechs NIR-Messköpfe eingesetzt, welche an einem Linearsystem angebracht waren (Abb. 1). Aufgrund des sehr kleinen Flächenverhältnisses des NIR-Messpunkts zur überwachten Bandfläche und der daraus hohen Anzahl resultierender Messpunkte, wurde eine adaptive Rasterung entwickelt. Unter der Annahme von etwa handtellergroßen Feuchtigkeitsnestern rasterten die Sensoren im Abstand von 42 mm die Bandfläche ab und teilten größere Nudelansammlungen in örtliche Teilbereiche (3 x 8 Rechtecke) ein. Anschließend wurden durch eine feinere Rasterung in den Teilbereichen die Größe und Feuchte der Nudelnester gemessen. Daraus resultierte eine Zeitersparnis von bis zu 72 % gegenüber einer konstant feinen Abrasterung, jedoch mit der gleichen Nachweissicherheit.
Wie schon in vorangegangenen Arbeiten gezeigt wurde, kann mit Hilfe der NIR-Technik die Feuchtigkeit von Teigwaren online während des Trocknungsprozesses exakt überwacht werden (Groß et al. 2011; Groß et al. 2010). Unter Berücksichtigung der unvorhersehbaren Lagen und Höhen der Nudeln erreichte die NIR-Messtechnik eine mittlere Abweichung der Feuchte von 0,11 %-GG bei Nudelfeuchtigkeiten zwischen 8 und 20 %-GG. Bei geringeren Nudelfeuchten erfasste das NIR-System noch lokale Abweichungen innerhalb der Nudel, die durch die gravimetrische Referenzmessung nicht mehr nachgewiesen werden konnten.
Düsenauslegung basierend auf CFD- und Lattice-Boltzmann-Simulationen
Ausschlaggebend für eine homogene Trocknung ist ein ebenso homogenes Strömungsfeld von unten durch das Nudelbett. Zusätzlich wurden unterhalb der Teigwaren Schlitzdüsen für eine lokale, zusätzliche Düsenströmung von Heißluft angebracht. Bei der numerischen Auslegung der Düsentechnik zeigte sich, dass der Gitterboden des Bandtrockners einen gleichrichtenden Effekt auf die Luftströmung besitzt und sich in der Nudelschicht ein homogenes Strömungsfeld einstellt. In Abb. 2 links ist der Eintrag des erhöhten Volumenstroms durch eine zusätzliche lokale Düsenströmung zu erkennen. In dieser Simulation wurde eine 4 cm hohe Nudelschüttung als poröses Medium oberhalb der Düsen angenommen. Oberhalb der Schüttung bildete sich ein homogenes Strömungsfeld mit einer Geschwindigkeit von 3 m/s aus, was der Luftgeschwindigkeit von industriellen Trocknungsprozessen entspricht.
Zusätzliche Lattice-Boltzmann-Simulationen (LBM) konzentrierten sich auf die Durchströmung einer Nudelschicht. Als Modellschicht wurden getrocknete Bandnudeln in einen Behälter von 200 x 100 x 100 mm gegeben und mit einem µCT-Scan als 3D-Körper digitalisiert. In den Simulationen kam zum Vorschein, dass bei einer zu dichten und vornehmlich horizontalen Lage der Bandnudeln die Luftgeschwindigkeiten derart verringert wurden, dass sich der Wärme- und Stoffaustausch durch Konvektion verzögerte. Dadurch herrschten niedrigere Temperaturen und höhere Feuchtigkeiten im Kern der Schicht (siehe Abb. 2, rechts). Das Wasser im Kern selbst verdampfte von der Nudeloberfläche und diffundierte innerhalb der Nudeln zum Randbereich des Feuchtigkeitsnests. Die wohl wichtigste Erkenntnis aus dieser Simulation ist aber, dass die Bereiche mit höherer Nudeldichte eine geringere Verdunstung aufweisen, da die eingeschränkten Luftkanäle den heißen Luftstrom blockieren und somit die Trocknungszone hemmen (Mobarak et al. 2017).
Die Optimierung des automatisierten Trocknungsprozesses von rohen Teigwaren erfolgte durch Kompensation der Inhomogenitäten mittels zusätzlicher Düsenströmung von Heißluft, die über den Multisensor und einen dafür weiterentwickelten Fuzzy-Regler (Groß 2014) eingestellt wurde. Durch die zusätzliche Düsenströmung von Heißluft konnten Feuchtigkeitsnester in ihrer Trocknung gezielt unterstützt werden. Abb. 3 zeigt zudem, dass die Nudeln mit zusätzlicher Düsenströmung schneller trockneten, da eine bessere Durchströmung bewirkt wurde.
Simulation der Feuchtigkeitsverteilung innerhalb der Teigwaren
Zudem wurden LBM-Simulationen genutzt, um die Feuchtigkeitsverteilung innerhalb des Produkts selbst zu verfolgen (Pribec et al. 2018). Starke Feuchtigkeitsgradienten im Produkt führen zu einer ungleichmäßigen Verformung, die von Zug- und Druckspannungen begleitet wird. Das Verständnis der inneren Feuchteprofile und der damit verbundenen mechanischen Kräfte war daher entscheidend für eine weitere Intensivierung des Trocknungsprozesses. Zur Simulation der Feuchtigkeitsverteilung und -bewegung innerhalb der Nudeln wurde diese in kleine Segmente aufgeteilt und die Diffusion von Wassermolekülen zwischen den benachbarten Segmenten unter Berücksichtigung der Trockenatmosphäre berechnet. Da die Feuchtigkeit absinkt, schrumpft die Teigware und der Weg, den die Moleküle zurücklegen müssen, um an die Oberfläche zu gelangen, verkürzt sich. Diese Schrumpfung wurde in den LBM-Algorithmus miteinbezogen (Pribec et al. 2019) und erforderte eine Anpassung auf ein bewegliches Gitter (van der Sman 2014). Die Oberflächenfeuchtekonzentration wurde aus den Gleichgewichts-Sorptionsisothermen berechnet. Die Ergebnisse einer LBM-Simulation, die einen zweistufigen Trocknungsprozess abbildet, sind in Abb. 4 dargestellt. In der ersten Stufe liegt eine relative Luftfeuchte von 45 % bei einer Temperatur von 80 °C vor, in der zweiten Stufe sind es 55 % bei 75 °C. Diese Bedingungen führen zu einer Trocknungszeit von ca. zweieinhalb Stunden, bis die Teigware einen Feuchtigkeitsgehalt von ca. 11 % erreicht. Die Schrumpfung betrug ca. 28 %. Diese LBM-Simulationen lassen sich leicht an Trocknergeometrien mit mehreren Stufen (steuerbare Klimazonen) und an unterschiedliche Teigwaren anpassen.
Fazit
Mit Hilfe von Simulationen wurden Erkenntnisse über den Trocknungsprozess gewonnen, die dazu dienten, einen neuartigen Trocknungskanal zu konstruieren und zu optimieren. Das Ergebnis war ein Bandtrockner, der batchweise im Pilotmaßstab Teigwaren trocknet und mit einem Multisensor zur Detektion von Feuchtigkeitsnestern sowie Düsen zur zusätzlichen Anströmung von Heißluft ausgestattet ist. Das Potenzial dieses Ansatzes zu Verbesserungen der Produkthomogenität beim Trocknen von Teigwaren wurde aufgezeigt. Darüber hinaus können die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Trockengüter übertragen werden und den Übergang vom Pilot- zum industriellen Maßstab erleichtern.
Danksagung
Die vorgestellten Ergebnisse resultieren aus dem Forschungsprojekt „Trocknung bei automatisierter Teigwarenherstellung“ (AiF 19018 N). Dieses IGF-Vorhaben des Forschungskreises der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Kontakt:
Lehrstuhl für Strömungsmechanik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg
J. Thünnesen, B. Schöneberger, T. Beck, M. Mobarak, M. Hussein, B. Gatternig, A. Delgado
Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie, Technische Universität München
S. Steinhauser, I. Pribec, E. Fattahi, D. Geier, T. Becker
Literatur
Groß, Frauke (2014): Neuartige Prozessführung zum Trocknen von Teigwaren zur Steigerung der Prozesseffizienz und Produktqualität. Dissertation
Groß, Frauke; Benning, Rainer; Bindrich, Ute; Franke, Knut; Heinz, Volker; Delgado, Antonio (2011): Optical online measurement technique used for process control of the drying step during pasta production. In: Procedia Food Science 1, S. 1301–1308.
Groß, F, Benning, R, Bindrich, U, Heinz, V & Delgado, A (2010): MRT-Referenzierte diffuse NIR-Spektroskopie zur Entwicklung einer neuartigen Prozessführungsstrategie. In: Lasermethoden in der Strömungsmesstechnik (48), S. 1–7.
Mobarak, Mohammad; Hussein, Mohamed; Delgado, Antonio (2017): Drying process simulation in food industry using lattice Boltzmann method. At: FOODOPS 2017. Barcelona, Spain
Pribec, I., Fattahi, E., Geier, D., Becker, T. (2018): Numerical simulation of pasta deformation during drying. At: Jahrestreffen der ProcessNet-Fachgruppen Fachgruppen MPH, WSUE, CFD, HTT, AuW, KRI, PMT. Bremen.
Pribec, I., Fattahi, E., Becker, T. (2019): Modelling pasta drying and deformation with a deforming-lattice Boltzmann method. At: VIII International Conference on Computational Methods for Coupled Problems in Science and Engineering - COUPLED PROBLEMS 2019. Sitges, Barcelona, Spain.
van der Sman, R.G.M. (2014): Moisture transport in swelling media modelled with a Lattice Boltzmann scheme having a deforming lattice. In: Journal of Food Engineering 124, S. 54–63. DOI: 10.1016/j.jfoodeng.2013.09.033.