Shimadzu: Schnelle Androstenon-/Skatol-Probe ermöglicht die Ebermast ohne Risiko
Schweinefleisch ist in Europa nach wie vor die populärste Fleischart.
Schweinefleisch ist in Europa nach wie vor die populärste Fleischart. Deutschland ist der größte europäische Produzent, wobei sich die Warenströme innerhalb der EU bewegen, aber auch in ostasiatische Länder wie China oder Südkorea. Abhängig von Herkunft und Geschlecht der Tiere sind Mastschweine mit einem Gewicht von 110 bis 120 kg schlachtreif, d. h. nach etwa fünf bis sechs Monaten unter guten Mastbedingungen. Das ist auch ungefähr das Alter, in dem die männlichen Tiere beginnen Sexualhormone zu produzieren, was später beim Zubereiten des Fleischs zu einem unangenehmen Geruch führen kann.
Etwa 3-10 % der Eber entwickeln ihn und das Fleisch wäre nur noch zur Trockenfleisch- oder Salamiproduktion geeignet. Gängige Praxis ist es daher, die jungen Tiere in den ersten Lebenstagen chirurgisch zu kastrieren.
Die Entscheidung der Europäischen Union, die betäubungslose Ferkelkastration zu verbieten, stellt in Deutschland Züchter und die fleischverarbeitende Industrie vor neue Herausforderungen. Aktuell werden neben neuen Züchtungen oder Diäten vor allem die Impfung der Tiere (auch als Immunokastration bezeichnet) oder die Kastration unter Betäubung diskutiert. Beide letztgenannten Methoden sind teuer, aufwändig in der Anwendung und mit dem Einsatz von Chemikalien verbunden. Ebenso ist die Akzeptanz der Verbraucher ein sensibles Thema beider Verfahren.
Die Ebermast mit anschließender Androstenon-Probe gilt als elegante Alternative, greift sie doch nicht in den Hormonhaushalt der Tiere ein und hält die Unversehrtheit der Tiere aufrecht. Sie scheitert bis heute an geeigneten Verfahren der instrumentellen Analytik. Dank eines neuen Verfahrens ist die Analytik von ebergeruch-haltigem Fleisch aber jetzt sicher, einfach in der Anwendung und im Ultra-Hochdurchsatz verfügbar.
Hintergrund
Insbesondere unkastrierte männliche Schweine, aber auch Ziegen und Schafe, produzieren im Laufe ihrer Entwicklung das Sexualhormon Androstenon, ein Metabolit des Testosterons. Eine erhöhte Konzentration des Hormons gilt als Auslöser des typischen Ebergeruchs. Daneben spielen aber auch die Aminosäureabbauprodukte Skatol und Indol eine Rolle. Sie erzeugen einen extrem unangenehmen Fäkaliengeruch beim Erhitzen des Fleischs und führen zu einem unakzeptablen Produkt für den Endverbraucher. Skatol und Indol sollten als Summe betrachtet werden und kommen übrigens auch bei weiblichen Sauen und kastrierten männlichen Schweinen vor.
Das einzige sichere Verfahren, das ohne Eingriff in den Hormonhaushalt der Tiere auskommt, ist bis heute die humanosensorische Begutachtung bzw. Analytik der Eber nach der Schlachtung. Gutachter, die mittels Lötlampe den Schlachtkörper abriechen, unterliegen neben einer Vielzahl weiterer Probleme einer Abstumpfung, die durch diverse Publikationen belegt ist [1]. Verschiedene analytische Verfahren wurden beschrieben, um Fleisch mit Ebergeruch sicher und objektiv zu identifizieren.
Als Referenzmethode gilt ein Verfahren das über die Schritte Isotopenverdünnung, Größenausschlusschromatographie (SEC) mit anschließender LC-MS/MS- oder GC/MS-Detektion abläuft [2]. Diese Methode ist präzise und empfindlich, aber mit erheblichem Laboraufwand verbunden und liefert das Ergebnis erst Stunden nach der Probenahme. Alternativ wurden kolorimetrische Methoden [3] diskutiert oder Methoden, die auf elektronische Nasen zurückgreifen. Diese Methoden lassen entweder den nötigen Hochdurchsatz oder die geforderte Spezifität vermissen.
Ergebnis in weniger als einer Stunde vorliegend
Das Verfahren der Laser Diode Thermal Desorption (LDTD) in Kombination mit massenspektrometrischer Detektion (MS/MS) liefert simultan die absoluten Konzentrationen für Skatol, Indol und Androstenon. Das erlaubt die Sortierung des Fleischs nach dem Verwendungszweck z. B. nach „Premium Qualität“, Qualität für Fleischmischprodukte u. a. Abstufungen. Das Verfahren ist extrem schnell, automatisierbar und kostengünstig.
Länderspezifische Schwankungen für die Normalkonzentration von Androstenon und Skatol wurden berichtet. Als Konsenswert gilt eine Konzentration für Androstenon von 0,5-2,0 µg/g und für Skatol von 250 ng/g. Die Nachweisgrenze (LOD) des LDTD-MS/MS-Verfahrens liegt im Schweinefett bei 0,05 µg/g für Androstenon und bei 20 ng/g für Skatol [4]. Damit ist das Verfahren ausreichend empfindlich. Das Ergebnis liegt nach weniger als einer Stunde vom Zeitpunkt der Probenahme vor. Die Messung selbst dauert lediglich zehn Sekunden.
Methode
In der Regel wird eine Probe vom Rückenfett der geschlachteten Eber entnommen. Es ist aber ebenso möglich Muskelfleisch zu analysieren, da hier die Konzentrationen von Skatol und Indol die Geruchsschwelle erheblich überschreiten können. Die Probemenge sollte im Bereich von 0,3 g liegen und über eine geeignete Laborwaage exakt bestimmt werden.
Es werden 3 ml NaOH (1N) und 3 ml interner Standard-Mix in MTBE (200 ng/ml Androstenon-d4 und 5,4 ng/ml Skatol-d3) zugegeben. Die Probe wird für eine Minute stark geschüttelt (Vortex mit 3.000 rpm) und für zwei Minuten ruhig stehen gelassen bis zur Phasenseparierung. Von der oberen Phase werden 4 µl auf eine spezielle Mikrotiterplatte pipettiert (Lazwell). Nach ca. einer Minute bei Raumtemperatur ist die Probe ausreichend getrocknet und kann direkt vermessen werden.
LDTD-MS/MS-Parameter:
- LDTD: SH-960, Hersteller Phytronix, Trägergas Luft mit 6 l/min, Laser pattern: drei Sekunden Rampe bis 65 % Laser-Intensität.
- MS/MS: LCMS-8060, Hersteller Shimadzu, Ionisierung: APCI (Positiv)
- Die MRM-Übergänge sind in Tabelle 1 gelistet.
Linearität, Präzision und Robustheit des Verfahrens
Zur Überprüfung der Linearität wurde eine belastungsfreie Rückenfettprobe mit Androstenon, Skatol und Indol in den zu erwartenden Konzentrationen versetzt (Androstenon von 0,33-2,66 µg/g, Skatol und Indol von 16,5-132 ng/g). In Abbildung 2 sind die Ergebnisse für die Androstenonmessung zur Linearität und Präzision beispielhaft gezeigt. Die Daten für Indol und Skatol zeigen vergleichbare Ergebnisse und können beim Autor gerne erfragt werden. Die Kalibrationskurven zeigen eine sehr hohe Korrelation (r2 liegt immer > 0,999).
Zur Bestimmung der Präzision des Verfahrens wurden Mehrfachbestimmungen (n=8) durchgeführt. Die Peakfläche wurde mit dem des ISTD normiert. Alle Replikate wurden in den Lazwell pipettiert und zur Trockne eingeengt. Der Variationskoeffizient (CV %) liegt dabei immer unter den regulatorisch geforderten 20 %.
Die Robustheit des Verfahrens wurde überprüft, indem die Probe nach der Extraktion für zwei Stunden im Extraktionsmedium bei Raumtemperatur stehen gelassen wurde (Stabilität in Lösung). Außerdem wurde die Probe auf der Lazwell-Platte zur Trockne eingeengt und für eine Stunde bei Raumtemperatur inkubiert (Trockenstabilität). Es wurden Mehrfachbestimmung dieser beiden Tests durchgeführt (n=6). Sowohl in Lösung als auch eingeengt auf der Lazwell-Platte zeigten sich keine nennenswerten Abbau- oder Verdunstungseffekte der Analyten. Die Wiederfindung lag immer im Bereich von 92,5-102,4 % (Daten beim Autor erhältlich).
Ergebnis
Das Ziel, kein Skatol-/Androstenon-belastetes Fleisch in Umlauf zu bringen, kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden. Die hier vorgestellte analytische Methode nach der Schlachtung bedarf keines Eingriffs in das lebende Tier.
Die Daten der Kalibration und Wiederholpräzision demonstrieren eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit des Verfahrens. Die Stabilität der Probe ist nach Extraktion und auch getrocknet auf der Lazwell-Platte so hoch, dass dem Labor bei der Aufarbeitung der Probe genügend Zeit verbleibt, ohne Probenverlust befürchten zu müssen.
Die Probenvorbereitung beschränkt sich auf die Einwaage und Extraktion des Fetts. Die Messung selber ist mit ca. zehn Sekunden extrem schnell. Das Verfahren ist robust, sensitiv und für den nötigen Hochdurchsatz geeignet. Es erlaubt die Ebermast, da die Tiere innerhalb weniger Minuten nach der Schlachtung sicher sortiert werden können und garantiert dem Verbraucher beste Fleischqualität. Die Kosten des Verfahrens belaufen sich nach [4] auf etwa 0,7 €/Schlachtkörper.
Literatur
[1] Lene Meinert, Chris Claudi-Magnussen und Susanne Støier, Grenzen bei der Detektion von Ebergeruch FleischWirtschaft 93 (2), Februar 2013, S. 24 – 27
[2] Buttinger G.; Karasek L.; Verlinde P.; Wenzl T.
In house validation of a reference method for the determination of boar taint compounds by LC-MSMS, Publications Office of the European Union (JRC88197), 2014
[3] Hansen-Moller, J. Chromatogr. B 661 219-230, 1994
[4] Borggard C., Birkler R., Meinert L., Støier S., At-line rapid instrumental method for measuring the boar taint components androstenone and skatole in pork fat, 2017