03.04.2023 • NachrichtenCITplusSiemensProzessautomation

Aus der Digitalisierung mit KI mehr Nutzen für die Prozessindustrie ziehen

KI kann ein Schlüssel werden, um aus der Digitalisierung deutlich mehr Nutzen zu ziehen, als nur Sensordaten zu verwalten. Axel Lorenz, CEO Process Automation, Dr. Hartmut Klocker, Segment Lead Automation and Engineering Systems und Dr. Jürgen Spitzer, General Manager Measurement Intelligence, erläutern im Interview mit CITplus, wo und wie aus der Digitalisierung und dem Einsatz von KI ein Mehrwert für Prozesssteuerung und Instandhaltung zu ziehen ist, wie weit Siemens bei der Entwicklung von APL-fähigen Geräten ist und welche Chancen 5G bieten kann.

© metamorworks - stock.adobe.com
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Volker Oestreich: Wie kann die Notwendigkeit zu mehr Nachhaltigkeit und Effizienz in der Prozessindustrie durch offene Automatisierung und Digitalisierung unterstützt werden? Und was kann KI dazu beitragen?

Axel Lorenz: In Gesprächen mit unseren Kunden dominieren die Anforderungen, Flexibilität und Produktivität zu erhöhen, Energiekosten und generell Ressourcen einzusparen. Was in den letzten Jahren neu dazugekommen ist, ist das Thema Nachhaltigkeit oder auch Sustainability. Natürlich haben wir auch früher schon über Umweltauflagen und -konformitäten diskutiert, aber die Intensität und Konsequenz, mit der nun die Frage zur Nachhaltigkeit gestellt wird, ist neu. Die Digitalisierung kann uns dabei helfen, den nächsten Level der Produktivität und Flexibilität zu erreichen und sie kann uns helfen, nachhaltiger zu werden. Wenn wir zum Beispiel online Daten und Datenbanken nutzen, wenn wir simulieren können, dann wird die Software ein großer Schlüssel sein. Mit Machine Learn­ing und KI zur Auswertung der Data Lakes können wir einen großen Schritt zu einer nachhaltigeren Produktion machen. Die Frage ist, wie können wir die Erkenntnisse, Funktionen und Vorteile in die Betriebsführung, also auf die Fertigungsebene bringen? Wie können wir die IT mit der OT verbinden?

Siemens hat die Kräfte dafür gebündelt und geht mit Siemens Xcelerator gemeinsam mit Partnern sehr offen auch auf das Thema ein, weil wir wirklich Lösungen schaffen wollen. Hier existieren auch viele Innovationen für die Prozessindustrien.

Wir sind etwa eine sehr starke Partnerschaft mit Bentley Systems eingegangen. Die Kombination von Bentley und unserer Software für Anlagenengineering und -wartung Comos ermöglicht es, einen digitalen Zwilling der Anlage herzustellen. Mit Siemens-Software wie GProms von PSE, die rigorose thermodynamische Modelle benutzt, um letztendlich auch chemische Reaktionen beziehungsweise gesamte Produktionsprozesse darzustellen, können wir den digitalen Zwilling des chemischen, biologischen oder pharmazeutischen Produktes herstellen. Das ist es, wo wir hinwollen, einen sogenannten Executable Digital Twin darzustellen. Damit können wir im Vorfeld der Produktion simulieren und optimieren, was letztlich dazu beiträgt, Ressourcen und Mittel zu sparen. Ein weiteres Beispiel für Effizienz ist das Leitsystem, Simatic PCS neo, das über Webtechnologien und ein ausgeklügeltes Collaboration-Management die Zusammenarbeit von Experten in komplexen, internationalen Projekten ermöglicht.

Hartmut Klocker: Das Prozessleitsystem PCS neo basiert bereits auf Webtechnologien, was nicht heißt, dass das System im Internet sein muss. Aber es ist mit diesen Technologien einfach möglich, das Leitsystem in der Cloud aufzusetzen. Und weil die Anwender häufig international zusammenarbeiten, bringt das große Vorteile, wenn zum Beispiel viele Experten an einem Projekt zusammenarbeiten und nicht permanent reisen müssen. Insofern ist eine Cloud eine sehr, sehr sinnvolle Möglichkeit, das ganze Engineering zu hosten und die Engineer­ingumgebung von PCS neo allen zur Verfügung zu stellen.

V. Oestreich: Sie haben eben die Zusammenarbeit Siemens Bentley erwähnt. Es wurden immer wieder Ankündigungen gemacht, vor vier Jahren schon zum Thema PlantSight und digitaler Zwilling. Ich sehe da eher die Verwaltungsschale in ihren spezifischen Ausprägungen für die Wissensapplikationen im Vordergrund. Hakt es da oder sind die Themen doch langwieriger, als man das vor einigen Jahren noch dargestellt hat?

A. Lorenz: Unsere Partnerschaft mit Bentley Systems ist ein sehr starkes Instrument. Die Produkte, die wir einsetzen, sind komplementär. Es geht dabei um durchaus fertige Produkte, bei denen wir durch Kombination und die Inter­operabilität zeigen können, dass ein echter Kundennutzen entsteht. Das dauert auf der einen Seite eine gewisse Zeit, bis wir die technologische Basis geschaffen haben. Das dauert dann aber auch Zeit, wenn man das eine oder andere Projekt durchgeführt hat, bis man es veröffentlichen darf. Aus meiner Sicht gibt es da sehr große Fortschritte, die wir dann kommunizieren, wenn der passende Zeitpunkt gekommen ist.

H. Klocker: Wir haben in dieser Partnerschaft massive Fortschritte gemacht. Genau genommen geht es darum: unsere Kunden nutzen sehr viele Tools, angefangen bei einfachen Daten in Excel, Comos für die Planung, das Leitsystem PCS neo oder PCS 7 und dann werden noch diverse andere 3D- und 2D-Anlagenengineer­ingtools eingesetzt. Dazu liegen nicht selten Teile der Anlagendokumentation nur auf Papier vor. Und um diese Daten zusammenzuführen, ist PlantSight angetreten. Das erfordert sicher ein großes Umdenken sowie Investitionen und das geht auch nicht von heute auf morgen. Wir sehen bei Kunden, die PlantSight bereits einsetzen, einen großen Nutzen. Wir reichern das jetzt noch mit den operativen Daten an, um dem Kunden jederzeit zu zeigen, wie sich seine Anlage zum aktuellen Zeitpunkt verhält. Über die Live-Daten sehen wir, ob die Anlage effizient läuft oder es ein Problem gibt.

Etwina Gandert: Wenn PlantSight mehrere Systeme kombinieren soll, ist es dann als offenes System gedacht?

H. Klocker: Dieses System ist die Kombination von Technologien, die wir aus Comos auskoppeln und mit der ITwin Platform von Bentley verbinden, die genau diese Möglichkeiten bietet, Anlagendaten reinzubringen und zu konsolidieren, zu aggregieren. Anschließend müssen sie kontextualisiert werden. Die Daten bringen nichts, wenn etwa eine Pumpe in der Bedienungsanleitung anders heißt als in der Anlage.

Viele Daten in Comos sind wichtig für die Automatisierung und daher haben wir die bidirektionale Durchgängigkeit von Comos in Richtung Leitsystem geschaffen. Die Datenbank mit den Anlagendaten gleicht sich kontinuierlich mit dem Leitsystem ab. Auf dieser konsistenten Datenbasis – “as is” versus “as built” – lassen sich dann aber auch Maintenance-Workflows generieren. Die Realität – gerade in Deutschland und Europa – ist aber eine andere. Da sind noch viele verschiedene Tools und Papierdokumentationen in den Brownfield-Anlagen in der Anwendung. Für die Digitalisierung der Anlagendokumentation arbeiten wir parallel mit künstlicher Intelligenz daran, das Erfassen der Daten zu vereinfachen.

 

Die Teilnehmer (v.l. Etwina Gandert Chefredakteurin CITplus, Volker Oestreich,...
Die Teilnehmer (v.l. Etwina Gandert Chefredakteurin CITplus, Volker Oestreich, Redakteuer, Axel Lorenz, CEO Process Automation, Siemens; Hartmut Klocker, Segment Lead Automation and Engineering Systems, Siemens und Jürgen Spitzer, General Manager Measurement Intelligence, im Gespräch © CITplus

V. Oestreich: Wann wird die künstliche Intelligenz alte Papierdokumente lesen können und selber einordnen?

A. Lorenz: Wir haben mit der verfügbaren Technik schon gute Erfahrungen gemacht. Aber was nicht auf einem Blatt Papier  steht, kann auch nicht digitalisiert werden. So muss also zunächst der Kontext zwischen dem Plan und den angegebenen Daten hergestellt werden. Es ist bereits möglich, aus einfachen Instrumentierungsdiagrammen ein intelligentes Diagramm zu generieren und die Anlagenkomponenten korrekt mit den entsprechenden Kennzeichen zu versehen. Hier spielt Comos seine Stärken aus. Es bleibt dann noch die Frage, wie viele weitere Dokumente es zu diesem Anlagenkennzeichen gibt.  Wie viele Informationen liegen zum Beispiel zu einer Pumpe vor? Welche der Dokumente, welche der Manuals sind zuzuordnen? Dabei können unsere Software-Kollegen mit Tools wie Teamcenter erheblich weiterhelfen.

Hier sehen wir auch großes Potenzial für den Siemens Xcelerator – etwa beim Thema Predictive Maintenance bis hin zu dem Punkt, dass Machine Learning und künstliche Intelligenz uns helfen kann, virtuelle Messtechnik aufzubauen. Der Use Case wird voraussichtlich nicht bei den ganz teuren Aggregaten liegen, – hier gibt es bereits spezifische Lösungen – sondern eher in der Spezialchemie oder der Pharmazie, wo sehr viele kleine Antriebe eingesetzt werden. Diese sind heute kaum mit Instrumentierung ausgerüstet, weil ein echtes Schwingungsmesssystem vergleichsweise teuer ist. Unser smarter Mehrfachsensor lässt sich aber kostengünstig nachrüsten, um einfach Parameter zu bestimmen. In Kombination mit künstlicher Intelligenz und Machine Learning lassen sich dann Zuständen überwachen und ungeplante Ausfälle vermeiden. Der Nutzer kann also im nächsten Wartungszyklus zum Beispiel entweder eine andere Pumpe einsetzen oder den Motor für ein Rührwerk austauschen.

H. Klocker: Virtuelle Messtechnik für die Anomalie-Erkennung beispielsweise in Chargen- Prozessen ist auch ein wichtiges Thema. Hier treten Fragen auf wie: Wieso dauert die eine Charge plötzlich länger als eine andere? Ist das vielleicht kritisch? Oder war einfach nur das Kühlwasser wärmer als sonst und die Kühlung dauert daher länger als üblich. Solche Zusammenhänge lassen sich mit den Sensordaten und KI erfassen und interpretieren.

E. Gandert: Um Anomalien zu erkennen, benötigen Sie die Kenndaten der Anlagen wie zum Beispiel von Pumpen. Arbeiten Sie dazu mit anderen Herstellern zusammen, die Ihnen die Kenndaten zu Verfügung stellen und wie steht es um die Bereitschaft der Nutzer, die Verlaufsdaten der Anlagen in eine externe Cloud zu senden, um zum Beispiel die KI zu schulen und Anomalien zu erkennen?

A. Lorenz: Die Prozessdaten der Pumpen sind im Leitsystem vorhanden und werden mit den Engineeringdaten in Comos kombiniert – und das ist genau der Vorteil für unsere Kunden. Der Betreiber hat kein Interesse daran, von verschiedenen Herstellern verschiedene Maintenance-Anwendungen zu benutzen, sondern möchte eine Anwendung, die ihm hilft, seinen gesamten Prozess abzudecken.

Beim Thema Cloud gibt es zwei Aspekte. Zum einen die Sorge, dass es zu viel Datenverkehr gibt und dieser entsprechend kostet. Und zum anderen das fehlende Vertrauen in öffentliche Cloud-Anwendungen. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass sich das über die Jahre ändert.

Bei dem Thema Predictive Maintenance sind die Modelle nicht so groß und können lokal gespeichert werden. Hinsichtlich der Anomalie-Erkennung braucht es nach meiner Einschätzung ein Modell in der Cloud, welches man auch in der Cloud trainieren muss. Hier ist die Rechenleistung entscheidend und die Kombination von einem trainierten Modell in der Cloud und einem ablauffähigen Modell im Shopfloor zum Beispiel mit Industrial Edge erfolgsversprechend. Hier haben wir gute Erfahrungen gemacht in der Fertigungsautomatisierung, zum Beispiel bei der Optimierung von Schweißpunkten in der Automobilfertigung. Man pflegt das Modell in der Cloud und hat eine direkte Verbindung zu Industrial Edge in der Produktion. Damit gehen nicht alle Daten aus dem Prozess automatisch in die Cloud, sondern nur die Daten, die man fürs Training dort benötigt.

© CITplus
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V. Oestreich: Was bedeuten die im Rahmen der angestrebten Klimaneutralität nötigen Prozesse mit geschlossenen Stoffströmen ohne Emissionen von CO2 für die Prozesssensorik und vor allem für die Prozess­analysentechnik (PAT)?

A. Lorenz: Ich gebe dazu mal ein Beispiel: Für die Prozessleitsysteme PCS 7 und PCS neo ist vor kurzem unser neuer Controller 4100 gelauncht worden. Während vor einigen Jahren die neuen Features im Vordergrund gestanden hätten, ist es heute die Information, dass dieser neue Controller einen halb so großen CO2-Footprint hat wie der Vorgänger – und damit den kleinsten am Markt. Damit spart der Anwender über die gesamte Lebensdauer des Geräts rund 700 kg CO2. Heute interessieren sich die Nutzer beim Kauf von Produkten vielmehr für die Frage der Nachhaltigkeit, auch bereits bei relativ kleinen Komponenten.

Jürgen Spitzer: Die Bedeutung der Environmental Product Declaration – EPD – nimmt momentan stark zu. In einer EPD steht, wieviel CO2 über den Lebenszyklus eines Produkts entsteht Es wird damit deutlich, dass tatsächlich der größte Anteil von CO2 während der Nutzung des Produkts entsteht und nicht in der Fertigung. Wenn also ein Stellungsregler zum Beispiel heute weniger Druckluft verbraucht und dadurch der CO2-Footprint entsprechend geringer ist, stellt sich der Return on Invest in relativ kurzer Zeit ein. Das überzeugt die Anwender.

V. Oestreich: Wie weit ist Siemens engagiert bei den ZVEI-Aktivitäten, wo es um den CO2-Fußabdruck geht?

A. Lorenz: Wir sind im ZVEI sehr engagiert. Die Zeit für das Thema Nachhaltigkeit ist gekommen und deshalb ist es auch gut, dass wir uns gemeinsam in Organisationen wie dem ZVEI darum kümmern. Es gab aus dieser Organisation schon sehr viele Anstöße, die uns weitergebracht haben und deshalb unterstützen wir das.

Für den Erfolg braucht es eine gewisse Offenheit, um allgemeine Standards zu definieren – angefangen mit OPC UA oder MTP. Alle Beteiligten müssen Daten zur Verfügung stellen. Wir beteiligen uns an diesen Themen, weil wir ganz klar den Kundennutzen darin sehen.

E. Gandert: Welchen Stellenwert hat denn das Thema Nachhaltigkeit außerhalb von Deutschland in anderen Märkten? Stellen Sie da gleiche große Nachfrage fest?

A. Lorenz: Das variiert. Zwar spielt das Thema überall auf der Welt eine große Rolle, aber es gibt sicherlich zu einzelnen Punkten unterschiedliche Prioritäten und es gibt auch unterschiedliche Voraussetzungen.

Bei uns in Deutschland ist das Thema Gaspreis und Energiepreise insgesamt sehr wichtig derzeit, weil es wirklich viele unserer Kunden, insbesondere in der chemischen Basisindus­trie, sehr bewegt und sehr auf ihnen lastet. Dieser Druck ist in anderen Ländern weniger groß. Das führt aber auch dazu, dass Kunden aus der chemischen Industrie nach Gelegenheiten suchen, die Produktionen, die sehr energieintensiv sind, zu verlagern – also in einem Werk außerhalb von Deutschland zu produzieren.

V. Oestreich: APL, der Ethernet Advanced Physical Layer, soll die Digitalisierung der Prozessanlagen voranbringen. Die NAMUR setzt auf APL als – quasi letzte – große Chance für die Digitalisierung bis ins Feld: Welche Feldgeräte sind heute schon mit APL verfügbar und bis wann wird es eine umfassende Abdeckung für alle Messgrößen mit APL-Geräten geben? Wie sieht es mit der Systemintegration (FDI) aus?

A. Lorenz: Das Interesse der Kunden aus der Prozessindustrie an Siemens Xcelerator fußt auf unserem Versprechen zur Offenheit. Wir bringen die Dinge zusammen, stellen Software und Softwarekomponenten mit offenen Schnittstellen zur Verfügung,   damit der Kunde diese nutzen und mit seinen eigenen Applikationen kombinieren kann. Und wir laden Partner dafür ein. Wir als Siemens wollen diesen Weg gerne gemeinsam gehen, aber wir müssen ihn auch gemeinsam gehen. Wir können nicht Produkte mit einer Feldbus-Schnittstelle, mit APL-Schnittstelle herstellen, wenn sie hinterher keiner möchte.

V. Oestreich: Wie ist Ihre Erfahrung bei der Nachfrage nach APL?

J. Spitzer: Ich bin sehr froh, dass wir eine internationale Standardisierung erreichen konnten. Die Arbeiten dazu wurden im August 2022 im APL-Projektteam abgeschlossen. Wir haben jetzt die Technologie entwickelt und nun werden die Conformance Tests angeboten. Das heißt, jeder interessierte Anbieter kann nun auf diesem Standard basierende APL-Geräte entwickeln und diese bei der PNO, der FCG oder der ODVA zertifizieren lassen. Das Angebot für solche Geräte wird wachsen, doch aktuell sehen wir noch sehr wenige konkrete Projektanfragen. Allerdings wäre es auch unrealistisch zu glauben, dass kurz nach der Ankündigung einer neuen Technologie bereits in 2023 alle  Feldgeräte und jeder Switch APL-fähig sind. Der Appell auf der NAMUR-Hauptsitzung war daher genau richtig: sowohl von der Anwender- als auch der Herstellerseite muss diese Technologie gemeinsam etabliert werden. Wenn in  Projekten – auch für Nebenanlagen –  diese Technologie ausgeschrieben wird, wird auch das Angebot an entsprechenden Geräten viel rascher entstehen.

A. Lorenz: Ich sehe auch einen Treiber dafür in der notwendigen Digitalisierung. Für die digitale Transformation brauchen wir mehr Daten. Wir müssen Software einsetzen, die automatisch miteinander kommunizieren, die Daten benutzen für ein Training, für Analysen und Optimierungen. Über ein Bussystem sind die verfügbaren Daten natürlich deutlich umfangreicher, weil auch andere Parameter über den eigentlichen Messwert hinaus gesammelt werden.

Die Demografie schafft weiteren Druck, viel tiefer zu automatisieren und noch viel mehr Daten, Software, künstliche Intelligenz und Machine Learning einzusetzen. Wir werden die Generation der Babyboomer im Betrieb der Anlagen kaum nachbesetzen können. Das wird auch dazu führen, dass wir mehr Daten aus den Anlagen digital brauchen.

E. Gandert: Welche Rolle wird 5G für die ­Prozessautomatisierung spielen?

A. Lorenz: 5G bietet für unsere Kunden heute eine ergänzende Möglichkeit, Daten mit einer hohen Geschwindigkeit, das heißt mit großer Bandbreite und wenig Latenzzeit, sehr, sehr störungsresistent einzusammeln. Das wird sehr nützlich sein in Anlagen zum Beispiel für AGVs, also für fahrbare Robotersysteme, wo man keine Leitung hinlegen kann. Auch Daten an entlegenen Stellen einzusammeln, wird damit einfacher.

Die Stärke dieser Technologie besteht in der Kombinationsfähigkeit. Wir werden in der Lage sein, 5G lokal zu kombinieren – mit ganz klassischen Kommunikationsformen im LAN und im WLAN. Anwendern steht die Entscheidung offen, wie viele der Daten in die Cloud gegeben werden soll. Die 5G-Technologie bietet große Vorteile für unsere Kunden – insbesondere die geringeren Latenzzeiten und geringere Störanfälligkeit als beispielsweise bei Bluetooth.

V. Oestreich: Kann das auch der Einsatz von VR-Brillen erleichtern? Wie sieht der „Digital Worker“ der Gegenwart und der Zukunft aus?

A. Lorenz: Wenn Sie VR-Brillen, Augmented-Reality-Anwendungen und auch Kamera-Systeme dazu nehmen, dann entstehen in der Anlage sehr, sehr viele Daten und dann kommt natürlich der Vorteil von 5G zum Tragen. Und weil bei privaten 5G-Netzen die Frequenzen nicht öffentlich genutzt werden, sondern lokal, muss der Anwender auch nicht über einen Provider gehen. Die Daten bleiben so in voller Kontrolle des Nutzers.

V. Oestreich: Immer mehr Digitalisierung trägt zu immer neuen Risiken bei der Cybersicherheit bei: mit welchen Mitteln kann man den Herausforderungen begegnen? Kann das Konzept Software as a Service zu mehr Sicherheit beitragen?

H. Klocker: Unsere Produkte folgen dem Security-by-Design-Ansatz – Security beginnt also bereits bei der Produktentstehung folgend unserem IEC 62443-konformen Entwicklungsprozess. Auch bei der Installation des Leitsystems liegt ein Schwerpunkt bei Security und das System wird automatisch konfiguriert. Dies beinhaltet unter anderem das Zertifikatsmanagement, einen sicheren Systemzugriff und ein zentrales Systemmanagement. Wir bieten für unsere Produkte selbstverständlich Updates zur Behebung von Schwachstellen an, und zwar regelmäßig und kontinuierlich. Diese auszurollen ist aufgrund der durchgängigen Konnektivität in der Anlage schnell und unkompliziert.  Das Webtechnologie-basierte System mit zentraler Administration erlaubt jederzeit auf allen Ebenen zu patchen – von den Servern bis hinunter zur Firmware der Feldgeräte, sofern diese digital angeschlossen sind.  Natürlich muss das Alles im laufenden Betrieb funktionieren.

Autoren:  Etwina Gandert, Chefredakteurin CITplus und Volker Oestreich, freier Redakteur, CITplus

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