Anlagenbauer Edtmayer Systemtechnik modernisiert die Dampferzeugung in Kooperation mit dem Bosch-Werk Gunzenhausen

Die Niederösterreichische Molkerei (NÖM AG) überzeugt seit 1898 mit ihren innovativen Milchprodukten.

Die Niederösterreichische Molkerei (NÖM AG) überzeugt seit 1898 mit ihren innovativen Milchprodukten. Vor den Toren der modernen und ständig wachsenden Stadt Wien verarbeitet sie in Baden etwa eine Mio. l Milch pro Tag. Verantwortungsbewusstes Handeln, ein effektives Umweltsystem und höchste Qualitätsansprüche sind unabdingbar. Seit 2009 verwendet NÖM als erste europäische Molkerei ausschließlich 100% gentechnikfreie Milch von 3.200 Bauern aus Niederösterreich und den Grenzbezirken.

Beständiges Wachstum

Die NÖM AG zeigte in den letzten Jahren ein beständiges Wachstum und die damit verbundene Bereitschaft, wichtige und zukunftsweisende Investitionen am Standort Baden zu tätigen. Um die größeren Produktionsmengen abwickeln zu können, hat die Molkerei die Prozesswärmeversorgung bestehend aus zwei Dampfkesseln erweitert und modernisiert. Einer der Kessel musste aufgrund des gestiegenen Dampfbedarfs durch einen neuen, größeren Dampfkessel ersetzt werden. Dieser stammt aus dem Bosch-Werk in Gunzenhausen (Deutschland) und kann bis zu 14.500 Kilogramm Dampf pro Stunde bereitstellen. Ein weiteres Ziel war das Erreichen der bestmöglichen Energieeffizienz – der Kosten und der Umwelt zuliebe. Das Gesamtprojekt, vom Engineering über die Automatisierung bis hin zur Umsetzung, erfolgte durch das Anlagenbauunternehmen Edtmayer Systemtechnik GmbH.

Von Loos zu Bosch

Im Jahr 2010 ließ die Molkerei einen Loos-Kessel (heute Bosch) mit einer Leistung von 10.700 Kilogramm Dampf pro Stunde installieren. Aufgrund der Betriebszusammenlegung und dem damit erforderlichen höheren Dampfbedarf am Standort Baden reichte die installierte Leistung der Anlage nicht mehr aus. Der Loos-Kessel dient jetzt vornehmlich der Versorgungssicherheit. Auch eine unterbrechungsfreie Produktion während Service- und Wartungsarbeiten am neuen Dampfkessel wird durch den ursprünglichen Kessel gewährleistet.

Die gleiche Bauart der beiden Kessel ermöglichte die einfache Einbindung des bestehenden Speisewasseraufbereitungsmoduls. Der Zulauf von Kondensat- und Zusatzwasser erfolgt kontinuierlich. Auch die automatische Wasserprobenentnahme und -untersuchung hat Edtmayer nach entsprechenden Anpassungen an das bestehende System angeschlossen. Damit werden beide Dampfkessel und das Speisewassermodul überwacht.

Effektive Wärmerückgewinnung

Um den Dampf für den Molkereibetrieb hocheffizient bereitzustellen, ist der Bosch-Kessel mit zwei Abgaswärmetauschern ausgestattet. Der integrierte Economiser wärmt mit den heißen Kesselabgasen das Speisewasser effektiv vor. Dadurch reduziert sich der Brennstoffeinsatz bei der Dampferzeugung und die Abgastemperatur wird auf 115 °C gesenkt. Im nachgeschalteten Kondensatwärmetauscher wird zusätzlich die Kondensationswärme des Abgases zum Erwärmen kalten Frischwassers von 12 auf 85 °C genutzt. Bis zu 6.100 l Wasser können pro Stunde erwärmt werden. Von den über 1.200 °C bei der Verbrennung ist im Abgas fast nichts mehr zu spüren, es tritt mit etwa 55 °C aus. Luftschadstoffe wie Kohlenstoffdioxide oder Stickoxide sind über alle Arbeitspunkte hinweg auf ein Minimum reduziert.

Automatisierung für mehr Sicherheit

Die Steuerung (BOSB2001-72h) ist vollautomatisiert und ermöglicht einen Betrieb der Dampfkessel für 72 Stunden ohne ständige Beaufsichtigung. Die integrierte Software Condition Monitoring unterstützt das Bedienpersonal, die Anlage effizient und vorausschauend zu betreiben. Sie generiert beispielsweise Wartungsmeldungen oder erkennt zu hohe Absalzraten. Sicherheitseinrichtungen schützen vor Fehlbedienung und schalten bei Bedarf automatisch auf den Backup-Kessel um. Über die zentrale Leittechnik werden die Mitarbeiter der Molkerei stets mit aktuellen Betriebsdaten versorgt.

Die punktgenaue Einbringung

Aufgrund der baulichen Bedingungen am Standort in Baden war die Einbringung eine besondere Herausforderung für die Projektbeteiligten. Der Kessel wurde auf Rollen gesetzt und durch einen schmalen, etwa 50 Meter langen Gang Richtung Kesselhaus manövriert. Bei dem extra geöffneten Mauerloch angekommen, war Geschick und ein gutes Augenmaß gefragt. In Millimeterarbeit zwischen zwei Betonsäulen hindurch ist der 7,5 m lange und 3,2 m breite Kessel Stück für Stück in das Kesselhaus gedreht worden. Davor mussten noch Teile der Milchübernahmestraße und das Geländer vom Kellerabstieg abgebaut werden. Auch Anbauteile wie der Brenner wurden aufgrund der Platzverhältnisse erst vor Ort montiert. Nach langen, jedoch perfekt koordinierten zehn Stunden war die Einbringung erfolgt.

Besonderheiten des Projekts

Der Standplatz des neuen Dampfkessels wurde aufgrund des darunterliegenden Kellers mit einem Spezial-Fundament ausgestattet. Die 100%ige Fließebene verhindert für den Kessel schädliche Schwingungen und entlastet die Decke. Die Warmhaltung der Kessel erfolgt über integrierte Heizschlangen, bei Bedarf kann auf den zweiten Kessel sofort umgeschaltet werden. Die stufenlose Regelung des Brenners ermöglicht einen flexiblen Betrieb mit geringem Brennstoffverbrauch und Verschleiß

Das Ergebnis

Die neue Dampfkesselanlage ist bedarfsorientiert ausgelegt und ermöglicht eine wirtschaftliche sowie nachhaltige Milchverarbeitung. Durch die effektive Wärmerückgewinnung reduzieren sich der Brennstoffverbrauch und die CO2-Emissionen erheblich. Gerhard Bartak, der zuständige Projektmanager bei der Molkerei NÖM ist mit der Umsetzung sehr zufrieden: „Die Einbringung des Dampfkessels war für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Betrachtet man den erreichten Wirkungsgrad von […] und die hohe Effizienz der Anlage, lohnte sich der Aufwand aber. Nur durch die 100% pünktliche Lieferung durch Bosch und der genauen Planung durch Edtmayer erfolgte die Abwicklung reibungslos.“

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