Desinfektionsroboter DeKonBot
Um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, hat das Fraunhofer IPA in kurzer Zeit den Prototyp eines mobilen Reinigungs- und Desinfektionsroboters entwickelt.
Er fährt selbstständig zu potenziell kontaminierten Objekten wie Türgriffen, desinfiziert sie gründlich und ist dabei ressourcenschonend sowie zeiteffizient.
Der neue Prototyp des mobilen Desinfektionsroboters DeKonBot ist eine Automatisierungslösung, die das Reinigen und Desinfizieren potenziell kontaminierter Bereiche wie Türgriffe, Lichtschalter oder Aufzugknöpfe eigenständig ausführt. Verglichen mit dem Reinigen von Hand reduziert der Robotereinsatz das Infektionsrisiko bei den Reinigungskräften und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Reinigung zuverlässig und nachvollziehbar ausgeführt wird. Durch den kontinuierlichen Einsatz des Roboters auch während der Nacht kann die Reinigung häufiger als im manuellen Betrieb erfolgen.
Gezielt und sicher desinfizieren
Gegenüber verfügbaren Roboterlösungen am Markt unterscheidet sich DeKonBot in mehrerlei Hinsicht. Zum einen reinigt er relevante Oberflächen gezielt und direkt und versprüht die einzusetzenden Mittel nicht wie verschiedene andere Roboter großflächig im Raum. Dies spart nicht nur Desinfektionsmittel und Zeit, weil die zu reinigende Fläche auf das Wesentliche begrenzt wird, sondern verhindert auch Gefahren wie ein Ausrutschen auf feuchten Flächen oder das Einatmen potenziell schädlicher Mittel. Zum anderen kann DeKonBot sicher unter Menschen eingesetzt werden. Desinfektionsroboter, die bspw. UV-Strahlen für das Abtöten von Viren nutzen, bedürfen aus Sicherheitsgründen einer menschenleeren Umgebung.
Damit DeKonBot erfolgreich arbeiten kann, wird er anfangs mithilfe eines Tablets, das auch ohne Robotik-Expertise zu bedienen ist, in seiner neuen Einsatzumgebung eingelernt. Im ersten Schritt fährt das Bedienpersonal den Roboter einmal durch die Umgebung, wobei dieser eigenständig eine Karte seiner Einsatzumgebung erstellt. Zudem zeigt der Anwender dem Roboter die zu reinigenden Objekte und die durchzuführende Reinigungsbewegung: Zu diesem Zweck führt der Anwender den Roboterarm mit dem Desinfektionswerkzeug z. B. zum Türgriff und bewegt das Werkzeug, wie es für die Reinigung erforderlich ist. Der Roboter speichert die Bahn ab und kann sie im Folgenden selbstständig wiederholen.
Das Erkennen der zu reinigenden Objekte erfolgt aktuell noch mithilfe sogenannter Tags, also kleiner, schwarzweißer Schilder. Relativ zu diesen positioniert sich der Roboter. Künftig werden keine Tags mehr gebraucht. Vielmehr werden neu am Fraunhofer IPA entwickelte Methoden zum Einsatz kommen, die zum einen die automatische Erkennung dieser Objekte in Kameradaten ermöglichen. Zum anderen wurde im Projekt ein neuer 3D-Sensor entwickelt, der die zu reinigenden Objekte und ihre Lage im Raum besser als verfügbare Sensoren erkennt – bspw. auch, wenn es sich um eine metallene, spiegelnde Oberfläche handelt. Basierend auf diesen Erkennungsfunktionen kann der Roboter in der finalen Ausbaustufe die Reinigungsbewegungen automatisch planen und ausführen.
Gemeinsame schnelle Entwicklung
Der Prototyp ist das Ergebnis einer gemeinschaftlichen IPA-Entwicklung der Abteilungen Roboter- und Assistenzsysteme, Laborautomatisierung und Bioproduktionstechnik sowie Reinst- und Mikroproduktion. DeKonBot erhielt dabei Förderungen aus dem internen Programm der Fraunhofer-Gesellschaft Anti-Corona, mit dem diese umfassende Forschungs- und Innovationsaktivitäten zur Bekämpfung der Pandemie realisiert.
Die Entwicklung des Serviceroboters ging zügig voran. Bereits im April dieses Jahres fand eine erste Machbarkeitsuntersuchung statt, für die noch ein einfaches Sprühwerkzeug zur Desinfektion eingesetzt wurde. „Nur vier Monate später konnten wir den Roboter mit seinem neuen Werkzeug für die Wischdesinfektion in Betrieb nehmen – und das trotz der Einschränkungen, die die Corona-Pandemie auch für uns Fraunhofer-Mitarbeitende mit sich brachte“, erklärt Dr. Birgit Graf, Gruppenleiterin für Haushalts- und Assistenzrobotik und verantwortlich für die Entwicklung von DeKonBot.
Die Entwicklung des Prototyps profitierte von umfangreichen Vorarbeiten des Instituts in der mobilen Service- und Reinigungsrobotik. So wird bspw. die mobile Plattform des Assistenzroboters Care-O-bot 4 genutzt, die bereits von einer Ausgründung des Instituts als Serienprodukt vertrieben wird. Vorhandene Softwaremodule für die Navigation, 3D-Objekterkennung und Manipulation konnten anwendungsspezifisch weiterentwickelt werden. Aktuell werden erste Dauertests des Roboters in den Büroräumen des Fraunhofer IPA durchgeführt. Nachfolgend sollen Mitarbeiter eines Reinigungsunternehmens den Roboter in einem externen Gebäude erproben. Bis zum Projektende im Februar 2021 wird der Roboter basierend auf diesen Tests weiter optimiert. Messungen der Keimbelastung in den desinfizierten Bereichen dienen dabei dazu, den Mehrwert des Roboters zu verifizieren.
Darüber hinaus greift das im Oktober dieses Jahres startende, ebenfalls von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderte Forschungsprojekt Mobile Desinfektion (MobDi) Technologien des DeKonBot auf und entwickelt sie weiter. Insbesondere sollen innerhalb der einjährigen Projektlaufzeit neue Desinfektionsmethoden und -werkzeuge sowie komplexere Erkennungs- und Planungsmethoden entwickelt werden, um noch zielgerichteter reinigen und desinfizieren zu können.
Serienreife im Blick
Noch hat DeKonBot seinen vollen Funktionsumfang nicht erreicht, aber bereits jetzt haben die Forscher des Fraunhofer IPA ein Konzept für ein späteres Serienprodukt ausgearbeitet. „Gemeinsam mit interessierten Firmen möchten wir den Serviceroboter in die Praxis bringen und damit einen Beitrag für den Wiederanlauf des öffentlichen Lebens auch in Corona-Zeiten leisten“, formuliert Graf die nächsten Ziele. Mehrere Reinigungsunternehmen, die in die Entwicklung des Roboters aktiv eingebunden waren, haben bereits ihr Interesse am Einsatz des DeKonBot geäußert.
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