Digitale App für Flansch-Instandhaltung und Turnaround-Projekte in Industrieanlagen
In der Instandhaltung von Industrieanlagen sind digitale Lösungen der Schlüssel zum Erfolg. Eine neue App digitalisiert Prüfabläufe von Flanschen. Dies reduziert Fehlerquellen, spart Zeit und verbessert die Effizienz. Die App funktioniert auch offline und lässt sich flexibel an Systemstandards anpassen. Mit integriertem Ticketsystem und Echtzeit-Datenzugriff wird die Qualitätssicherung während des Projekts kontinuierlich gewährleistet.
Autor: Michael Balcerek, Advanced Service Engineer, IDT
Eine innovative App digitalisiert Prüfabläufe von Flanschen und verbessert Prozesse in der Instandhaltung von Industrieanlagen.

Papier ist nicht nur geduldig, sondern auch ziemlich dumm. Denn es ist weder in der Lage, die Plausibilität von Angaben zu überprüfen, noch schafft es ohne zeitaufwendiges Zutun irgendeinen Mehrwert, der sich aus verschriftlichten Daten und Informationen ergibt. Hinzu kommt: Papier manifestiert Fehlerquellen, die sich durch mehrfaches Erfassen und Übertragen multiplizieren. Komplexe Prüfvorgänge, wie sie der Turnaround von Großanlagen mit sich bringt, werden so schnell zum herausfordernden Kampf mit dem Papiertiger.
Digitale Lösungen schaffen die Grundlage für ein datenbasiertes Flanschenmanagement, das Zeit, Aufwand und mögliche Fehlerquellen bei Anlagenstillständen reduziert. Zum wichtigen Werkzeug des Monteurs oder der nachbeauftragten Montagefirmen wird eine mobile Anwendungssoftware, wie IDT sie mit der qs.Pilot App entwickelt hat: Login, Benutzername, Passwort, Flanschbezeichnung, Klick.
Ein Kompass im Dickicht der Rohrleitungsverbindungen
Oft sind mehrere hundert Monteure im Einsatz, um die mit Revisionen verbundenen Aufgaben in eng getakteten Stillstandsphasen zu meistern. Die digitale Dokumentation ist daher nicht nur der Kompass im Dickicht der Rohrleitungsverbindungen, sondern ein cloudbasiertes Tool, um kostbare Zeit effektiv zu nutzen.
Position, Dimension, Dichtungstyp, Schraubenanzahl, Drehmoment: Die Prüfstelle S6 am Wärmetauscher EH 325 wird zur transparenten, selbsterklärenden Informationsquelle für alle QS-Maßnahmen, die im Zuge der Prüf- und Nachweispflichten durchgeführt werden müssen. Alle Schritte sind glasklar definiert und dokumentiert: Wann wurde von welchem Monteur welche Schraube mit welchem Drehmoment angezogen? Welche Werkzeuge wurden verwendet? Und: Gab es an dieser Stelle in der Wartungshistorie bereits Leckagen oder Materialschäden?
Bei Stillstandskosten, die pro Tag problemlos sechsstellige Eurobeträge erreichen können, ist es entscheidend, dass digitale Lösungen auch unter schwierigen Bedingungen reibungslos funktionieren. Prüfvorgänge müssen auch ohne Internetverbindung dokumentiert, alle relevanten Daten und Informationen erfasst, jederzeit von überall aus abrufbar und weiterverarbeitet werden können. Das sind die Vorteile der Offline-First-App.
Zudem lässt sie sich jederzeit flexibel an Systemstandards und Prüfprozesse auf Anwenderseite anpassen. So ist bspw. der Abruf der Kennwerte, die an jedem Flansch hinterlegt sind, nicht nur manuell möglich; denkbar ist das Anzapfen der Informationsquelle direkt an der Schraubverbindung auch via Barcode, QR-Code oder RFID-Tag.
Datenzugriff und Problemlösung in Echtzeit

Das digitale Asset-Management von Behältern, Pumpen, Armaturen und deren Flanschverbindungen verkürzt nicht nur die Dokumentation und Auswertung von Daten erheblich, sondern auch die Reaktionszeit, für die Behebung von Mängeln.
Durch ein integriertes Ticketsystem können Montagefehler unmittelbar adressiert werden, ohne auf die Gesamtauswertung am Ende des Tages warten zu müssen. Das fördert nicht nur die Effizienz, sondern trägt auch zur kontinuierlichen Qualitätssicherung während des laufenden Projekts bei.
Ein noch größerer Mehrwert liegt in der Weiterverarbeitung sämtlicher Informationen. Die Anforderungen an die Qualität der Montagearbeiten und die Dokumentationspflicht, wie sie in der TA Luft [2021] und der DIN EN 1591-4 beschrieben sind, geraten in der Hektik eines Turnarounds leicht ins Hintertreffen.
Weil sich digitales Flanschmanagement über eine API-Schnittstelle in ERP-, Wartungs- oder Sicherheitsmanagementsysteme der Nutzer integrieren lässt, kann auf alle relevanten Daten – von Prüfergebnissen über Montageberichte bis hin zu Nachweisdokumentationen – gebündelt und strukturiert zugegriffen und eine nahtlose Verbindung mit der Gesamtplanung hergestellt werden.
Fazit
Mit dem digitalen Asset- und Flanschenmanagement wird der Papiertiger in Instandhaltungsprojekten zur aussterbenden Spezies. In einem erweiterten Lösungsszenario ist die Integration in industrielle Simulationsmodelle wie dem digitalen Zwilling denkbar und zweifellos möglich. Die passgenaue Abstimmung und Berücksichtigung von Kundenwünschen und Systemgegebenheiten bleibt dabei unverzichtbar.

Michael Balcerek
Advanced Service Engineer, IDT