Direkte und indirekte Einflüsse des Annex 1
Die neuen Bestimmungen für einen höheren Schutz der Produkte betreffen direkt sowohl die Arbeitskräfte und das Monitoring in der Reinraumproduktion als auch die gesamte Lieferkette hinsichtlich des Risikomanagements. Am Beispiel der Reinraumbekleidung wird dies deutlich.
Die EU GMP Annex 1 wird ab 25. August 2023 in Kraft treten. Für die bis dahin nicht klar definierten Bereiche der Reinraumkleidung gibt es fortan eindeutige Richtlinien bzw. Empfehlungen. Die Praxis zeigt: Teilweise sind selbst in sensiblen Reinräumen noch Unterkleidungsartikel aus reiner Baumwolle oder mit Baumwollanteil in Gebrauch, was zukünftig nicht mehr möglich sein wird. Auch nicht mehr erlaubt ist das Tragen von privaten Socken, Überziehschuhen oder Clocks. Für Haare und Bart sind nun Bedeckungen erforderlich.
Was in Zukunft für welche Reinraumklassifizierung zwingend zu tragen ist bzw. wo nur eine Empfehlung ausgesprochen wurde, zeigt die Tabelle:
Annex 1 geht zudem über den reinen Prozess innerhalb der Reinraumproduktion hinaus. Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Produktion ist deutlicher Schwerpunkt der neuen Richtlinie. Somit sind Risikomanagement bzw. Resilienz aller beteiligten Unternehmen, ob Lieferant oder Reinraumendproduzent, im Fokus. Für die Konfektionäre von Reinraumkleidung hat diese Richtlinie daher weitreichende Folgen.
Anzuführen sind dabei folgende zentrale Punkte der Bekleidungsindustrie:
- Produktionskompensation: Bei Ausfall eines Produktionsbetriebes, wie etwa durch höhere Gewalt (Feuer, Wasser, Sturm,…) oder fehlenden Humankapitals (Streik/genereller Arbeitskräftemangel,…) muss die Fertigung von Artikeln in einer anderen Produktion zu gleichen Qualitätsstandards gewährleistet sein.
- Verfügbarkeit von Rohware: Da eine Schwäche der globalen Transportwege in den letzten Jahren deutlich wurde, etwa durch Containermangel, die Null-Covid-Strategie in Shanghai oder die Blockade des Suezkanals, ist die erweiterte Lagerung von Rohware in der Produktion von hohem Stellenwert. Dabei muss darauf geachtet werden, dass mehrere Standorte gleichzeitig die notwendige Rohware zur Verfügung haben oder diese schnell von einem zum anderen Standort transportiert werden kann.
- Verfügbarkeit von fertiger Bekleidung: Um bei dringendem Bedarf und längerem Ausfall der Supply Chain noch agieren zu können, ist die Lagerung von Fertigware unumgänglich. Bei einer Störung der Lieferkette muss die Bereitstellung entsprechender Bekleidung in einem gewissen Zeitraum noch möglich sein. Auch lange Wartezeiten auf die Bekleidung und der dadurch resultierende Produktionsstopp, etwa bei Ausfall und Neueinstellungen von Reinraummitarbeitern, kann und will sich niemand mehr leisten.
Alsico High Tech hat diesen Gesamtansatz bereits unter anderem durch das langjährige globale Handeln der Alsico Gruppe aufgegriffen:
- Für Europa sind drei Produktionsstätten verantwortlich, zwei weitere könnten hinzugeschalten werden.
- Die Lagerung von Rohware (Gewebe und Accessoires) erfolgt sowohl in allen Produktionsstätten als auch in der Zentrale in Ronse (Belgien), um höchst flexibel reagieren zu können.
- Die Standardlagerkollektion be.clean ist seit zwei Jahren sehr erfolgreich auf dem Markt, wurde stets erweitert und wird nun hinsichtlich der neuen Bestimmungen um einen Bartschutz und verschiedene Sockenmodelle erweitert. Mit diesen zwei Artikeln ist die Lagerfähigkeit ab Mai 2023 mit allen Bekleidungsartikeln für die Klasse A bis D laut Annex 1 vollumfänglich umgesetzt.
Fazit
Zusammengefasst legt Annex 1 auf das Risikomanagement innerhalb der Reinraumproduktion, deren Aufrechterhaltung und die dadurch nötigen äußerlichen Maßnahmen einen deutlichen Schwerpunkt. Die Bedeutung einer abgesicherten Lieferkette ist gewachsen. Die Kontrolle und Überprüfung durch Großunternehmen wird folgen.
Autor: Fabian Dambacher, Alsico High Tech