Zellspannungs-Monitoring im Elektrolyseur erhöht Lebensdauer und Effizienz

Das Monitoring der Zellspannung ist ein untrügliches Zeichen für den Gesundheitszustand von Elektrolyseuren. Mit einer patentierten Technologie und einer dünneren Membran von nur 18 µm hat Hystar den weltweit effizientesten Stack für PEM-Elektrolyseure entwickelt. Das Unternehmen misst die Zellspannung, um Sicherheit und Effizienz zu überwachen.

Autor: Bernd Müller, freier Autor für Smart Testsolutions

Das Monitoring der Zellspannung verbessert die Lebensdauer und Effizienz von Elektrolyseuren bei der Produktion von grünem Wasserstoff.

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Elektrolyseure sind heute noch maß­geschneiderte Einzel­anfertigungen, wie die 5-MW-Anlage von Hystar in Polen.
© Hystar

Für die Energiewende braucht es grünen Wasserstoff, der mit Strom aus Sonne und Wind in Elektrolyseuren erzeugt wird. Weil die saubere Energie knapp und abhängig von Sonnenschein und Wind ist, ist bei der Elektrolyse eine hohe Effizienz und Flexibilität wichtig. Das norwegische Unternehmen Hy­star verfügt mit seiner patentierten Technologie über den nach eigenen Angaben derzeit weltweit effizientesten Stack für PEM-Elektrolyseure.

Diese bestehen aus einem Sandwich aus Dutzenden oder gar hunderten dünnen Zellen. Darin befinden sich zwei edelmetallbeschichtete Elektroden mit einer Membran dazwischen. Wasser strömt bei herkömmlichen Elektrolyseuren auf der Anodenseite ein und wird elektrochemisch zerlegt. Der Sauerstoff wird aus dem System geleitet, die Wasserstoffionen (Protonen) wandern durch die Proton Exchange Membran (PEM) zur Kathode, an der sie zu Wasserstoff reagieren und ebenfalls herausgeleitet werden. Die Membran kann man sich wie eine Diode in der Elektronik vorstellen: Sie lässt die Protonen nur in eine Richtung durch. Dafür muss die Membran eine gewisse Dicke haben, andernfalls gelangen doch Wasserstoffmoleküle zurück zur Anode. Im schlimmsten Fall kann es mit Sauerstoff zu einer Knallgasexplosion kommen. Jedoch verhält sich die Effizienz der Zelle direkt proportional zur Membrandicke. Die Membran sollte daher möglichst dünn sein, um die Zelle so effizient wie möglich zu betreiben.

Dünne Membran, hohe Effizienz

Hystar hat mit seinem patentierten Prozess dafür einen genialen Kniff gefunden. Das Wasser wird hier auf der Seite der Kathode zugeführt, wodurch die Anodenseite frei bleibt. Der Wasserstoff entsteht weiterhin auf der Anodenseite. Die Membran ist jedoch viel dünner, statt wie üblich circa 180 µm sind es bei Hystar nur 18 µm. Das verringert den Widerstand für die Protonen deutlich und steigert die Effizienz der Zelle und des gesamten Stacks.

Bleibt die Frage: Wie schafft es Hystar trotz der dünnen Membran, dass Wasserstoff nicht auf die Anodenseite diffundieren? Antwort: Gar nicht. Der Trick ist, dass die Membran auf der Anodenseite mit Luft umspült wird. Feindosiert verdünnt sie den Wasserstoff und hält den Cross-Over des Wasserstoffs durch die Membran unter Kontrolle. „Dadurch ist unser Stack der sicherste auf dem Markt“, sagt Jan Schmidt, Produktmanager bei Hy­star. Dünne Membran, hohe Effizienz und dennoch höchste Sicherheit – in den Elektrolyseuren von Hystar sei das kein Widerspruch.
Ein weiterer Vorteil der dünnen Membran in den Elektrolyseuren von Hystar ist, dass die Zellen denen in Brennstoffzellen ähneln und sie sich mit den gleichen Maschinen verarbeiten lassen. „So können wir die für Brennstoffzellen existierende Supply Chain auch für Elektrolyseure nutzen, und für die wachsende Nachfrage die Produktion schneller und mit weniger Kapital hochskalieren“, sagt Jan Schmidt.


Zellspannung zeigt Alterung an

Weil der elektrochemische Prozess und die Ausbeute sehr empfindlich auf die Zellspannung reagieren, ist das Monitoring unabdingbar. Die Zellspannung ist ein Indikator für den Zustand der Zelle. Verschiedene schleichende Prozesse wie die Vergiftung des Katalysators verringern die Leistung der Zelle. Auch kann es zu Rissen oder so genannten Pinholes in der Membran kommen. Viele dieser Prozesse machen sich durch ein Verändern der Zellspannung bemerkbar. Die Elektrolyse beginnt in der Theorie bei einer Zellspannung von 1,48 V. Betrieben werden die Zellen meist bei höheren Spannungen, die sich aus der Gesamtspannung des Stacks geteilt durch die Zahl der Zellen ergibt. Steigt der Widerstand in der Membran an, steigt bei gleichbleibendem Strom auch die Spannung an. Irgendwann verlässt die Zelle das vorgegebene Spannungsfenster und es laufen unerwünschte chemische Reaktionen ab, die die Zelle schädigen.


Zellmonitoring auch in Seriengeräten sinnvoll

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Hystar hat mit seinem patentierten Prozess die Effizienz der Zelle und des gesamten Stacks durch eine viel dünnere Membran von nur 18 µm gesteigert.
© Hystar

In ihren Laboren überwachen die Hersteller von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen die Spannung jeder einzelnen Zelle, um in der Entwicklung die elektrochemischen Prozesse besser zu verstehen. In Seriengeräten leisten sich die Hersteller diesen Luxus üblicherweise nicht, dort werden meist nur einige Zellen stichprobenartig gemessen oder gar nur die Gesamtspannung des Stacks. Aus diesem Wert kann man aber nur sehr grob ableiten, wie es um den Elek­trolyseur steht. Ideal wäre, wenn die Spannung jeder einzelnen Zelle gemessen würde.
Wenn man von Seriengeräten spricht, sollte man sich bewusst sein, dass Elektrolyseure heute noch immer Einzelanfertigungen sind, die für ein Projekt manuell gefertigt werden, etwa für eine 5-Megawatt-Anlage von Hystar in Polen. Das wird sich jedoch ändern, wenn Hystar den Aufbau ihrer automatisierten Produktionslinie mit einer Kapazität von 4.5 GW fertigstellt. Für diese Produktionslinie erhielt das Unternehmen erst kürzlich eine Zusage 26 Mio. EUR Förderung aus Europäischen Mitteln (EU Innovation Fund). „Wir möchten Elektrolyseanlagen aus standardisierten Komponenten wie Lego aufbauen“, sagt Jan Schmidt. Das gelte auch für das Monitoring der Zellspannung.

Zellkontakte für ultrakompakte Elektrolyseure

Hier sind Zulieferer wie Smart Testsolutions gefragt. Der Spezialist für Messtechnik und Testanwendungen entwickelt seit über 30 Jahren Lösungen für das Cell Voltage Monitoring (CVM) für Brennstoffzellen, die nun auch in den Elektrolyseuren von Hystar eingesetzt werden. Ein CVM-System misst die Zellspannung aufs Millivolt genau. Es umfasst die Zellkontaktierung (Cell Voltage Pickup, CVP), die Mechanik für die Platzierung am Stack und den Kabelbaum. Für die CVPs haben die Stuttgarter filigrane Zellkontakte entwickelt, die elektrisch und mechanisch eine absolut sichere Verbindung schaffen, obwohl die Zellen von Brennstoffzellen – und nun auch die der Elektrolyseure von Hystar – kaum dicker als 1 mm sind. „Dank unserer Erfahrung bei Brennstoffzellen passen unsere CVPs ideal für die kompakten Elektrolyseure von Hystar“, betont Norbert Witteczek, Business Line Manager E-Cell Electronics bei Smart Testsolutions.

Auch für den Kabelbaum hat sich das Unternehmen etwas Neues einfallen lassen. Statt wie üblich jeden Zellkontakt mit einer Einzel­ader zu verbinden, kommen hier Flexkarten zum Einsatz. Die sind kompakt und flexibel bei nahezu unbegrenzter Lebensdauer – im Gegensatz zu den hunderten Einzeladern, die von Hand abgelängt und gecrimpt werden müssen. „Smart Testsolutions hat eine spannende Lösung, die gut auf unser Stack-Konzept passt“, sagt Jan Schmidt von Hystar. „Gemeinsam wollen wir das Cell-Voltage-Monitoring für hohe Stückzahlen zu günstigen Kosten skalieren – als Teil unseres Baukastensystems.“ Dies ermögliche das CVM für jede Zelle auch in Serien-Elektrolyseuren.


Serviceintervallanzeige für Betreiber

Für Norbert Witteczek ist die Zusammenarbeit mit Hystar vorbildlich, weil die Ingenieure aus Norwegen frühzeitig auf Smart Testsolutions zugekommen seien. Das sei leider die Ausnahme, so Witteczek: „Wir empfehlen allen Herstellern von Elektrolyseuren, das Cell Voltage Monitoring bei der Konstruktion frühzeitig mitzudenken und mit unserem Team Kontakt aufzunehmen.“

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