Industrie 4.0 - digitale Prozessoptimierung erhöht Effektivität, Qualität und Flexibilität in der Lebensmittelproduktion
Industrie 4.0 ist mehr als nur ein Schlagwort.
Industrie 4.0 ist mehr als nur ein Schlagwort. Das Konzept verändert die Denkweisen, Prozesse und Abläufe an allen Punkten der Wertschöpfungskette – vom Wareneingang, über den Fertigungsprozess bis hin zu Verpackung, Auszeichnung und Logistik. Mit Veränderung der Prozesse wird es aber zunehmend wichtiger, diese auch so effizient wie möglich zu gestalten. Unterschiedliche Treiber lösen Neuerungen in der Wertschöpfungskette aus. Für Innovationen beim Automatisieren der Fertigung etwa sind meist Trends in der Abnehmerindustrie verantwortlich. So machen etwa Online-Shopping, E-Commerce und die Nachfrage nach persönlich auf den Verbraucher zugeschnittenen Nahrungsmitteln immer kleinere Losgrößen erforderlich. Um diese bedarfsgesteuerte Produktion zu realisieren, ohne dass dabei die Kosten für den produzierenden Betrieb in die Höhe schießen, müssen autonome, selbststeuernde, wissensbasierte und sensorgestützte Systeme miteinander im Einklang arbeiten. Ein Faktor für diesen Einklang ist Gesamtanlagen-Effektivität oder Englisch Overall Equipment Effectiveness (OEE).
Beschaffung und Wareneingang
Die Rolle von netzwerkfähigen, modularen und individuell ausbaubaren Anlagen wird vor diesem Hintergrund zunehmend wichtiger. Heute können Maschinen, die klassischerweise für den Fertigungsprozess zuständig sind, u. a. die Bestellung von Material übernehmen und somit den Einkauf entlasten. Ein Beispiel sind Anlagen, die beim Einlegen von Plug-In Etikettenrollen verifizieren, ob es sich um die richtigen Labels handelt und sich entsprechend automatisch konfigurieren: Sie sind auch in der Lage, eigenständig eine Bestellung auszulösen, sobald der Meldebestand an Etiketten erreicht ist. Dazu wird automatisch eine Information an den Lieferanten abgesetzt, ohne dass der Hersteller den Etiketten-Produzent manuell verständigen muss. Das Verbrauchsmaterial steuert den Prozess völlig eigenständig. Zudem konfiguriert sich die Maschine selbsttätig, was die Rüstzeit reduziert und Fehletikettierungen verhindert, gleichzeitig Lieferverzögerungen vorbeugt und die Lagerhaltung optimiert.
Fertigung
Sind Maschinen obendrein in der Lage, über Veredelungsstufen und Organisationseinheiten hinweg miteinander zu kommunizieren, erhöht das die Effektivität, Qualität und Flexibilität der Produktion. Lebensmittelverarbeitende Betriebe haben zu diesem Zweck in der Vergangenheit häufig nur den Schwund oder die Verluste der Ware beim Abpacken gemessen. Es müssen jedoch systematisch sämtliche Produktionsparameter und Arbeitsschritte unter die Lupe genommen werden, um die richtigen Rückschlüsse auf den Verarbeitungsprozess ziehen zu können. Vernetzte Software ermöglicht es inzwischen den Produktionsprozess zu analysieren. Wichtige Zusatzinformationen, beispielsweise die verarbeitete Lebensmittelmenge pro Mitarbeiter, lassen sich damit berechnen. Zudem können die Verantwortlichen analysieren, welches Etikett von welchem Hersteller welche Maschinenabnutzung verursacht und wie es die Linienleistung beeinflusst. Obendrein lassen sich Rückschlüsse zu Umgebungseinflüssen, Störungen und Kosten beim Einsatz von gewissen Materialien ziehen. Spezifische Software-Tools, etwa zur Stammdatenpflege, können schließlich Artikeldaten und Etikettenparameter zentral erstellen, pflegen und an die Geräte senden. Sie stellen sicher, dass nur geprüfte Daten in die Produktion überspielt werden.
Verpackung und Auszeichnung
Auch beim Verpacken und Auszeichnen sowie beim Überprüfen des Füllgewichts und der abschließenden Kontrolle auf Fremdkörper oder defekte Verpackungen leisten vernetzte Maschinen wertvolle Unterstützung. Sie können untereinander besser kommunizieren und mehr Informationen austauschen, was wiederum die Effektivität, Qualität und Flexibilität der Produktion steigert. Mit durchgängigen Systemlösungen für die Lebensmittelkontrolle lässt sich beispielsweise die Zahl der Produktrückrufe reduzieren. Insbesondere durch den Einsatz von Metalldetektoren und Röntgengeräten können Hersteller fremdkörperfreie Produkte mit genormtem Gewicht produzieren. Optische Kontrollsysteme sorgen zusätzlich für Sicherheit durch eine einheitliche Verpackung der Produkte und bieten dem Endkunden ein schönes, gleichmäßiges Erscheinungsbild. Dies kann die Kaufentscheidung beeinflussen, da der Konsument eher zu einem makellos verpackten Produkt greift als zu Ware mit schiefem Etikett oder unlesbaren Inhaltsstoffen. Zum anderen überprüfen Vision-Geräte jede Packung zu 100% und speichern das Ergebnis samt Bild ab, was die Dokumentation sowohl gegenüber dem Kunden als auch dem Gesetzgeber erleichtert.
Wartung und Service
Die vernetzte Kommunikation zwischen technischen Anlagen auf Basis von Internettechnologien birgt auch ein enormes Potential für den Service. Durch die Möglichkeiten des M2M-Datenaustauschs lassen sich Fehler und Probleme erkennen, noch bevor sie auftreten. Das Prinzip: Die Geräte übermitteln individuelle Informationen eigenständig an eine für den jeweiligen Fehlerfall zuständige Servicekraft und erlauben damit eine kostengünstige und schnelle Problemlösung. Oftmals ist heute ein ferngesteuerter Zugriff möglich, um Veränderungen an den Geräten vorzunehmen – ohne dass wie in der Vergangenheit ein Einsatz vor Ort nötig wird. Die technische Realisation erfolgt über Sensoren, die diverse Gerätedaten sowie Ereignisse erfassen und sie in Echtzeit per Ethernet oder drahtlos an einen Leitstand zur Auswertung schicken. Hinzu kommt die Möglichkeit, Soll- und Schwellwerte von Anlagen zu analysieren und im Fall der Fälle eine entsprechende Alarmfunktion auf unterschiedlichen Kanälen abzusetzen. Mit optimierter Wartung und bestmöglicher Organisation lassen sich die Down-Zeiten folglich stark reduzieren. Die Service- und Wartungskosten sinken und die Verfügbarkeit steigt merklich.
Überblick durch OEE
Funktioniert die Automatisierung bis zu diesem Punkt, ist es für den Produktionsleiter essentiell herauszufinden, wie effizient die Maschinen miteinander verzahnt sind. Auch kommt es darauf an zu erkennen, inwiefern Stillstandzeiten die Produktivität beeinflussen und ob etwa fehlende Etiketten zu weiteren Produktions-Stopps führen. All diese Informationen lassen sich in einem übergreifenden OEE-Wert zusammenfassen, der aus den Faktoren Verfügbarkeit, Qualität und Leistung besteht. Die Betrachtung der Effektivität der gesamten Anlage beleuchtet ein viel breiteres Feld, als die Analyse isolierter Werte. Sie zeigt genau auf, wo in der Produktion Schwachstellen vorliegen. Das können fehlende Materialien sein, ungeplante Stillstände oder ein hoher Ausschuss minderwertiger Produkte. Durch die Einbindung der Maschine als Besteller für Etiketten kann der Bestell- und Lieferprozess so automatisiert werden, dass die benötigten Etiketten immer rechtzeitig an der Maschine sind. Das beeinflusst den Verfügbarkeitsfaktor von OEE positiv.
Zusammenfassung
Mit der vierten industriellen Revolution wandelt sich schrittweise die gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittelindustrie. Industrie 4.0 Geschäftsmodelle, bei denen die Maschine in den Geschäftsprozess eingebunden ist, ermöglichen es, den aktuellen Zustand von Geräten kontinuierlich zu überwachen, Ergebnisse zu analysieren und die gewonnenen Erkenntnisse wieder in Beschaffung und Produktion einfließen zu lassen sowie für individuelle vorausschauende Wartungsarbeiten zu nutzen. Die eigentlichen Innovationen finden hierbei nicht nur bei Produkten und Technologien statt, sondern auch bei den Geschäftsprozessen und Anwendungen beziehungsweise Applikationen.