Marktchancen für den Anlagenbau in der Wasserstoffproduktion
Für die Energiewende ist der Anlagenbau der Schlüssel zum Erfolg. Der Anlagenbauexperte Michael Haid, CEO der EDL Anlagenbaugesellschaft, erklärt im CITplus-Interview mit Etwina Gandert, welche Voraussetzungen für das Hochlaufen einer nennenswerten Wasserstoffwirtschaft zu erfüllen sind. Er sieht vor allem in den regulatorischen Anforderungen größere Hindernisse, weniger in den technischen Fragen. Außerdem gibt er eine Ausblick auf die effiziente Nutzung von Wasserstoff als Energieträger und zur Produktion klimaschonenderer Chemieprodukte.
CITplus: Herr Haid, wie schätzen Sie den aktuellen Stand der Planung und Umsetzung von Anlagen zur Wasserstofferzeugung in Deutschland ein und wie grün kann der Wasserstoff in Deutschland tatsächlich werden?
Michael Haid: Deutschlandweit sind diverse Projekte zur Wasserstofferzeugung in Planung, angefangen von eher forschungsorientierten Projekten, über Demonstrationsprojekte, bis hin zu Projekten im industriellen Maßstab. Dies ist sehr erfreulich und macht deutlich, dass dem Klimaschutz eine große Bedeutung beigemessen wird.
Viele dieser Projekte erlauben die Erzeugung von grünem Wasserstoff, vorausgesetzt die hierzu erforderliche erneuerbare Energie steht auch zur Verfügung. Um einen raschen Markthochlauf sowohl bei der Wasserstofferzeugung als auch beim Ausbau der Wasserstoffnetze und der Wasserstoffverbraucher sicherzustellen, ist neben dem grünen Wasserstoff auch Wasserstoff mit einzubeziehen, der über andere Wege hergestellt wird. Erst zusammen mit dem als blau – Reformierung von Erdgas mit CO2-Speicherung, türkis – Pyrolyse von Erdgas mit Speicherung von festem Kohlenstoff, gelb – Wasserelektrolyse mit Strommix – oder rot – Wasserelektrolyse mit Atomstrom – bezeichneten Wasserstoff sind Wasserstoffkapazitäten in Größenordnungen möglich, die für den raschen Markthochlauf erforderlich sind und die die dringend notwendigen Einsparungen an Treibhausgasemissionen erlauben.
Derzeit sind jedoch nur sehr wenige Wasserstoffprojekte in der Umsetzung. Dies liegt weniger an fehlenden technologischen Möglichkeiten als vielmehr an leider noch vorhandenen Hindernissen. Wasserstoffprojekte benötigen, wie auch alle anderen Investitionsprojekte, klare, verlässliche und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, die eine langfristige Investitionssicherheit für einen Betrieb von 20 Jahren sicherstellen.
Worin liegen die größten Hindernisse, um Kapazitäten für Wasserstoff über den Modellstatus hinaus auszubauen?
M. Haid: Die Hindernisse, die den industriellen Ausbau an Wasserstoffkapazitäten in Deutschland verzögern, sind unterschiedlich gelagert. Eine zentrale Rolle spielen dabei die gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen, die eine ausreichende Sicherheit, aber auch Anreize für Investitionen in Wasserstoffprojekte sowie generell in Projekte zur Verringerung von Treibhausgasemissionen schaffen müssen.
Für die Erzeugung von grünem Wasserstoff sind erneuerbare Energien erforderlich, insbesondere in Form von erneuerbarem Strom. Ohne den konsequenten Ausbau der Kapazitäten an erneuerbarem Strom fehlen die Voraussetzungen für den raschen Ausbau der Kapazitäten für Wasserstoff. Hindernisse bei den erneuerbaren Energien sind automatisch Hindernisse beim Wasserstoff. Beim Ausbau des erneuerbaren Stroms ist nicht nur die installierte Erzeugungskapazität von wesentlicher Bedeutung, sondern auch die ganzjährig durchgängige Verfügbarkeit, um eine hohe Auslastung der Anlagen zur Wasserstofferzeugung sicherzustellen. Diese kann nur durch eine kombinierte Nutzung von Offshore-Wind, Onshore-Wind, Solarenergie und Wasserkraft aus verschiedenen Regionen sichergestellt werden und erfordert dementsprechend eine ausreichende Kapazität des Stromnetzes. Leider hinkt der Ausbau des Stromnetzes schon seit langem hinterher. Laut einem Bericht der Bundesnetzagentur vom 3. April 2023 wurden allein 2021 rund 5,8 GWh abgeregelt, die nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz – EEG – zu Entschädigungsansprüchen an die Anlagenbetreiber in Höhe von rund 807 Mio. EUR führen. Hinzu kommt noch eine abgeregelte Menge von rund 20,4 GWh, für die keine Entschädigungsansprüche bezahlt werden müssen. Grundsätzlich könnte der abgeregelte Strom auch in kleinen dezentralen Anlagen zur Wasserstofferzeugung genutzt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass Wasserstoffverbraucher oder ein Zugang zu einem Wasserstoffnetz vor Ort vorhanden sind. Zudem muss der Standort weitere Voraussetzungen erfüllen, wie beispielsweise Zugang zu Wasser- und Abwasserleitungen.
Ein weiteres Hindernis sind die in Deutschland besonders stark gestiegenen Energiepreise. Dies führt zu zusätzlichen Unsicherheiten und Risikoaufschlägen bei der Bewertung der zukünftigen Energiepreise. Anlagen zur Wasserstofferzeugung in Deutschland haben hierdurch einen deutlichen wirtschaftlichen Nachteil gegenüber dem Import von grünem Wasserstoff oder Wasserstoffderivaten aus dem Ausland.
Verzögerungen bei der Gesetzgebung, bei den Förderprogrammen sowie bei den behördlichen Genehmigungsverfahren sind ebenfalls nicht förderlich, um Kapazitäten für Wasserstoff über den Modellstatus hinaus auszubauen. Neben einer Beschleunigung sind zudem die für einen raschen Markthochlauf erforderlichen Anreize verbunden mit klaren Rahmenbedingungen zu setzen. Dies ist leider nicht immer der Fall. So legt der am 13.02.2023 von der EU-Kommission als voraussichtlich finale Version veröffentlichte Delegierte Rechtsakt strenge Kriterien für die erneuerbaren Energien fest, die für die Herstellung von grünem Wasserstoff einzuhalten sind. Die darin geforderte Zusätzlichkeit der erzeugten erneuerbaren Energien, die Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch der erneuerbaren Energien sowie der erforderliche räumliche Zusammenhang der Anlagen schränkt sowohl die zur Wasserstofferzeugung verfügbare Kapazität an erneuerbaren Energien als auch die Auslastung der Wasserstofferzeugung stark ein. Viele Wasserstoffprojekte werden sich unter diesen Randbedingungen nur dann rechnen, wenn hohe Wasserstoffpreise erzielt werden können.
Wo oder in welchen Bereichen sehen Sie die größten Chancen für einen wirtschaftlichen Betrieb zur Wasserstofferzeugung?
M. Haid: Die größten Chancen sehe ich für Wasserstoff dort, wo ein sektorenübegreifender Einsatz von Wasserstoff möglich ist und Erzeugung, Verbrauch, Transport und Speicherung intelligent miteinander gekoppelt werden können.
So haben wir in der Region Leipzig zusammen mit Partnern das Verbundvorhaben LHyVE – Leipzig Hydrogen Value chain for Europe/Grüner Wasserstoffring für die Region Leipzig – ins Leben gerufen. LHyVE hat das Ziel, ein intelligentes und regional vernetztes grünes Wasserstoffsystem als Leuchtturm zur effizienten Sektorenkopplung aufzubauen und dieses in die entstehende europäische Wasserstoffinfrastruktur zu integrieren. Mit LHyVE wird die gesamte Wertschöpfungskette von der Erzeugung, der Speicherung über den Transport sowie Verteilung bis zum Endverbrauch in der Region Leipzig realisiert und über die Infrastruktur mit europäischen Projekten, Städten und Kommunen vernetzt. Die Region verfügt als historisch gewachsener Energie- und Industriestandort bereits über eine Wasserstoffinfrastruktur und erlaubt durch den weiteren Ausbau und die gemeinsame Nutzung der bestehenden Wasserstoffinfrastruktur zahlreiche Möglichkeiten für die breite und kosteneffiziente Nutzung von Wasserstoff. So ermöglichen beispielsweise die Chemieparks in der Region eine kostenoptimierte Sektorenkopplung bei gleichzeitiger Ausweitung der Wasserstoffwirtschaft auf Bereiche wie Mobilität oder Strom- und Wärmeerzeugung. Durch die mögliche Speicherung des Wasserstoffs in einer Salzkaverne wird zudem die Flexibilisierung vorangetrieben.
Bei LHyVE gehen wir zudem über den reinen Wasserstoff hinaus. Mit unserer HyKero-Anlage erzeugen wir grünen Wasserstoff und in Verbindung mit nachhaltigem Kohlenstoff zudem 50.000 t pro Jahr an grünem Flugturbinenkraftstoff – SAF, Sustainable Aviation Fuel – für den Einsatz am Flughafen Leipzig-Halle und 14.000 t pro Jahr an grünem Naphtha. Naphtha ist ein wichtiger Grundstoff für die chemische Industrie. Die HyKero-Anlage wird südlich von Leipzig in einem bestehenden Chemiepark in Böhlen-Lippendorf errichtet werden. Mit der Realisierung der HyKero-Anlage wird erstmalig in Deutschland strombasiertes SAF (e-SAF) in industriellem Maßstab hergestellt werden.
Welche technischen Herausforderungen im Elektrolysebetrieb fallen nach ersten Erfahrungen in der Praxis auf?
M. Haid: Die Elektrolyse ist grundsätzlich eine alte und seit Jahrzehnten genutzte Technologie. Neuere Elektrolysetechnologien, wie PEM oder SOEC, besitzen Vorteile gegenüber der herkömmlichen Alkalielektrolyse, sind aber noch nicht in großen Anlagen mit einer Leistung von 100 MW oder mehr im industriellen Einsatz. Die Skalierung der Elektrolysekapazität erfolgt durch Parallelschaltung von einzelnen Elektrolysemodulen. Herausforderungen bestehen in der Weiterentwicklung der Elektrolysemodule hinsichtlich Effizienz, Lebensdauer und Modulkapazität sowie im Aufbau der Fertigungskapazitäten. Daher ist sowohl mit Lerneffekten und weiterem Optimierungspotenzial als auch mit Lieferengpässen zu rechnen. Einem großindustriellen Einsatz steht aber grundsätzlich nichts entgegen. Bei unserer HyKero-Anlage setzen wir auf die SOEC-Technologie (Anmerkung der Redaktion: englisch solid oxide electrolyzer cell), da wir in Verbindung mit der Herstellung des e-SAF überschüssige Prozesswärme in der SOEC zur Wasserstofferzeugung nutzen und so eine deutlich höhere Energieeffizienz erreichen können.
Welche Anforderungen stellt der Transport und die Lagerung von Wasserstoff an Anlagen und Technik?
M. Haid: Wasserstoff ist deutlich schwieriger zu lagern und zu transportieren als andere Energieträger. Neben der Lagerung bei sehr hohen Drücken von 700 bar wird Wasserstoff flüssig bei tiefkalten Temperaturen von unter minus 250 °C gelagert. Beides stellt hohe Anforderungen an die verwendeten Materialien und ist mit sehr viel Energieaufwand verbunden. So sind beispielsweise ca. 30 % der im flüssigen Wasserstoff gespeicherten Energie allein für das Herunterkühlen und Verflüssigen erforderlich. Mit entsprechenden mobilen Druck- oder Kryobehältern lässt sich Wasserstoff ebenfalls per Lkw transportieren. Für den Seetransport hat Kawasaki 2021 den Wasserstofftanker „Suiso Frontier“ fertiggestellt.
Der Tanker ist 116 m lang und kann 178 t flüssigen Wasserstoff transportieren. Dies entspricht einem äquivalenten Energieinhalt von etwa 610.000 l Diesel. Ein Tanker für den Transport von flüssigen Kohlenwasserstoffen gleicher Größe könnte hingegen 10.850.000 l Diesel transportieren. Das heißt, es werden 18 Wasserstofftanker benötigt, um die gleiche äquivalente Energiemenge wie ein Dieseltanker zu transportieren. Der Energieverbrauch für den Transport von Australien nach Europa über 23.000 km würde für eine Fahrt einschließlich Rückfahrt in der Größenordnung von etwa 520.000 l Diesel liegen. Dies entspricht 85 % der an flüssigem Wasserstoff transportierten Energiemenge. Wenn während der Überfahrt der verdampfte Wasserstoff (Boil-off) verlorengeht, kämen nochmals 6 % hinzu. Also 91 % des Energieinhalts des transportierten Wasserstoffs wird während des Transports benötigt. Beim Transport von Diesel wären dies hingegen nur 5 %.
Mit viel weniger Energieaufwand lassen sich große Wasserstoffmengen mit Gasleitungen transportieren. So sind bereits seit vielen Jahren Wasserstoffleitungen in Sachsen-Anhalt und Sachsen – zwischen Buna und Böhlen, Böhlen und Zeitz oder Leuna und Bitterfeld – in Betrieb. Zur Lagerung größerer Wasserstoffmengen bieten sich Untergrundspeicher, wie beispielsweise Salzkavernenspeicher an, wie sie auch für die Speicherung von Erdgas genutzt werden. Erfahrung mit der Untergrundspeicherung von Wasserstoff gibt es bereits seit den 70er Jahren. So werden beispielsweise in Teaside, UK, seit 1972 drei Salzkavernen mit je 70.000 m3 Volumen zur Speicherung von Wasserstoff bei 50 bar betrieben.
Wie weit kann eine Versorgung mit Wasserstoff im Land über Rohrleitungen möglich sein? Werden wir ein bundesweites Rohrleitungsnetz für Wasserstoff oder Gasgemische haben, das Tankstellen oder sogar Privathaushalte zur Wärmeerzeugung beliefern könnte?
M. Haid: In Europa und insbesondere auch in Deutschland mit mehr als 500.000 km an Erdgasleitungen haben wir bereits eine sehr gute Infrastruktur, die zukünftig auch für Wasserstoff genutzt werden kann. Für Deutschland und andere Länder mit entsprechenden Erdgasnetzen ist dies ein wesentlicher Vorteil, da für eine Umstellung auf Wasserstoff(beimischung) wesentlich geringere Kosten anfallen als bei dem Aufbau einer neuen Gasnetzinfrastruktur.
Die Beimischung von Wasserstoff in das Erdgasnetz ist heute jedoch nur begrenzt möglich und zulässig, da Wasserstoff sich deutlich von den brenntechnischen Eigenschaften von Erdgas oder Biogas unterscheidet. Aktuell ist eine Beimischung von 2 Vol.-% Wasserstoff möglich. Ein höherer Wasserstoffanteil erfordert zumindest die Anpassung der Geräteeinstellungen, oder ab einem bestimmten Wasserstoffanteil auch den Wechsel von Bauteilen bei den angeschlossenen Verbrauchern, wie Brenner, Regler oder Zähler. Zudem sind die werkstofftechnischen Eigenschaften des Erdgasnetzes zu beachten, die den erlaubten Wasserstoffanteil zum Beispiel in Abhängigkeit des Wasser-und Sauerstoffgehaltes einschränken können. Mit vertretbarem Aufwand müsste mittelfristig ein Wasserstoffanteil von 20 Vol.-% möglich sein.
Die sukzessive Erhöhung der Beimischung auf 20 Vol.-% muss in Abstimmung mit den Verbrauchern, den Verteilnetzbetreibern, den Ferngasnetzbetreibern und den Regelwerken erfolgen, um eine konstante Gasqualität zu gewährleisten. Durch die Unterteilung des Erdgasnetzes in Umstellzonen, die eine logische und netzhydraulisch getrennte Untergliederung darstellen, ist hierbei eine regional individuelle Umstellung möglich. Im Falle der Ferngasnetze muss die Anpassung jedoch auf EU-Ebene harmonisiert werden, da die Ferngasnetze europaweit meist über Netzkopplungspunkte miteinander verbunden sind. Aufgrund der Komplexität werden wir wohl nicht vor 2030 einen Wasserstoffanteil von 20 Vol.-% in wesentlichen Teilen unseres Erdgasleitungsnetzes verfügbar haben. Bis 2050 sollte jedoch eine weitestgehende Umstellung möglich sein.
Neben der Beimischung von Wasserstoff in das bestehende Erdgasnetz ist parallel dazu der Aufbau eines reinen Wasserstoffnetzes erforderlich. Hierzu können bestehende Erdgasleitungen auf Wasserstoff umgestellt und durch neue Gasleitungsabschnitte sowie Kavernenspeicher als notwendige Pufferspeicher ergänzt werden.
Die Versorgung mit Wasserstoff über Rohrleitungen erfordert eine langfristige und zuverlässige Gesetzgebung sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, um Investitionen in die notwendige Anpassung an den Einsatz von Wasserstoff auf eine sichere Basis zu stellen.
Können Lieferengpässe und mangelndes Fachpersonal zu einem Nadelöhr werden bei der Errichtung einer nennenswerten Wasserstoffwirtschaft in Deutschland? Wie ist die Personalsituation bei EDL aktuell?
M. Haid: Generell sehen wir bereits seit längerem einen Fachkräftemangel und Lieferengpässe. Dieses Nadelöhr wird sich zukünftig bei den für die Energiewende erforderlichen essenziellen Investitionen nochmals deutlich verschärfen und kann den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft gefährden. Die fehlenden Fertigungskapazitäten, zum Beispiel für Elektrolysezellen, können zumindest mittelfristig aufgebaut werden. Der Fachkräftemangel lässt sich jedoch nicht so einfach lösen. Neben der Erhöhung der Attraktivität von Ingenieurstudiengängen ist die verstärkte Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland unbedingt erforderlich. Der Fachkräftemangel wird uns voraussichtlich deutlich länger begleiten als Lieferengpässe.
Bei EDL ist der Fachkräftemangel daher ebenfalls ein wichtiges Thema, insbesondere die Gewinnung von Fachkräften mit umfassender Erfahrung im Anlagenbau. Hier greifen wir zunehmend auf Fachkräfte aus dem Ausland zurück. Zwischenzeitlich liegt der Anteil an neu eingestellten Fachkräften, die aus dem Ausland zu uns kommen, bei über 10 %.
Wo sehen Sie für EDL aktuell die größten Marktchancen? Wie blicken Sie auf die aktuelle Diskussion zu E-Fuels und dem Verbot der Verbrennertechnologie für Fahrzeuge?
M. Haid: Die Transformation des Energiesektors hin zu klimafreundlichen Lösungen stellt eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft dar. Der Anlagenbau spielt hierbei eine zentrale Rolle, sowohl bei der Entwicklung und Bereitstellung der benötigten Technologien als auch bei der Realisierung der benötigten Anlagen und Infrastruktur. Als technologieorientiertes Anlagenbauunternehmen sehen wir darin eine große Chance für uns. So entwickeln wir neue nachhaltige Technologien, wie beispielsweise zur elektrochemischen Abscheidung von Kohlendioxid aus der Umgebungsluft – DAC, Direct Air Capture – oder zur Herstellung von grünen synthetischen Kraftstoffen und Chemiegrundstoffen auf Basis von erneuerbarem Strom – PtX, Power-to-X. Darüber sind wir in Deutschland und international, unter anderem in Brasilien, dabei, industrielle PtX-Anlagen mit unserer HyKero-Technologie zu entwickeln.
Mobilität ist ein Grundbedürfnis des Menschen und eine wichtige Voraussetzung für die Wertschöpfung in unserer Gesellschaft. Insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern besteht über die kommenden Jahrzehnte ein großer Nachholbedarf. Die Mobilität von Menschen und Gütern wird also insgesamt zunehmen, schon allein aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung. Gerade vor diesem Hintergrund müssen die Mobilität und die entstehenden Emissionen möglichst klimaneutral gestaltet werden, um die globalen Klimaziele nicht zu verfehlen. Eine rasche Verringerung der Treibhausgasemissionen ist am besten erreichbar, wenn wir alle Möglichkeiten nutzen, die uns heute zur Verfügung stehen. So auch im Mobilitätssektor. Fahrzeuge mit Elektroantrieb reichen daher nicht aus. Vielmehr müssen wir alle nachhaltig zu produzierenden Kraftstoffe einschließen, egal ob E-Fuels oder Bio-Fuels. Beim Flug- und Schiffsverkehr ist der Einsatz von Elektroantrieben oder von Wasserstoff auf lange Zeit sowieso auf Nischenanwendungen beschränkt, allein schon aufgrund des Gewichts und der geringen speicherbaren Energiemenge, die mit einer Batterie einhergeht. Viel zu lange hat es gedauert, bis E-Fuels von der Politik in Europa und in Deutschland als Alternative wahrgenommen wurden, wenn auch nur als Alternative für Flugzeuge und für Schiffe. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass wir in Deutschland rund 60 Millionen Fahrzeuge haben, weltweit der Bestand aber bei etwa 1,3 Milliarden Fahrzeugen liegt. Das heißt, ein Großteil der Fahrzeuge ist auch in ärmeren Regionen der Erde zu finden, für die ebenfalls eine nachhaltige Lösung gefunden werden muss. Grüner Kraftstoff, das heißt Bio-Fuels und E-Fuels, der mit der vorhandenen Infrastruktur eingesetzt und von der bestehenden Fahrzeugflotte genutzt werden kann, ist am Ende ohne Alternative. Für Elektrofahrzeuge und für Wasserstoff wird hier noch lange Zeit die dazu erforderliche Infrastruktur und die Kaufkraft der Bevölkerung fehlen.
Das Interview führte Etwina Gandert, Chefredakteurin CITplus