Nachhaltige Reinräume: Zukunftsweisende Ansätze für mehr Energieeffizienz

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In der modernen Reinraumtechnik gewinnt das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung. Angesichts des hohen Energieverbrauchs und der Verwendung zahlreicher Einwegmaterialien suchen Branchenakteure nach Lösungen, um den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern. Dieser Artikel untersucht vielversprechende Ansätze, die den Energieverbrauch reduzieren und nachhaltige Materialien einsetzen, ohne dabei die strengen Reinheitsstandards zu vernachlässigen.

Autoren: Prof. Dr. Andreas Schmid, Prodekan Hochschule Albstadt-Sigmaringen und Paul Guigas, Bachelorand Pharmatechnik Hochschule Albstadt-Sigmaringen

Wie innovative Technologien den ökologischen Fußabdruck in der Reinraumtechnik minimieren

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Europäische und nationale Klimaziele
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In der heutigen Zeit rückt die globale Herausforderung des Klimawandels, der steigende Ressourcenverbrauch und damit das Thema Nachhaltigkeit immer weiter in den Vordergrund. Als Nachhaltigkeit bezeichnet man das Konzept, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu stillen, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen dadurch einzuschränken. Die drei Dimensionen wirtschaftlich effizient, sozial gerecht und ökologisch tragfähig sind dabei gleichberechtigt zu betrachten.[1]

In Bezug auf die Nachhaltigkeit wurden seitens der Politik verschiedene regulatorische Maßnahmen implementiert, darunter die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, der European Green Deal sowie das deutsche Klimaschutzgesetz [2, 3]. Diese setzen Ziele und Vorgaben, wie beispielsweise die Klimaneutralität innerhalb der Europäischen Union bis 2050.

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, ist es wichtig, dass europäische Industrien und Unternehmen gemeinsam mit anderen Akteuren nachhaltiger werden und ihren CO2-Fußabdruck reduzieren. Ein zentraler Bestandteil dieser Bemühungen ist das Life Cycle Assessment (LCA), das eine umfassende Analyse der Umweltauswirkungen von Produkten und Prozessen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg ermöglicht. 

Dabei spielt die Quantifizierung von Treibhausgasemissionen eine wesentliche Rolle, da Unternehmen dadurch ihre Emissionen systematisch erfassen und gezielt Maßnahmen ergreifen können. Zudem sind Unternehmen ab einer bestimmten Größe durch die Corporate Sustainability Report Directive (CSRD) mittlerweile dazu verpflichtet, jährlich über die quantifizierten Emissionen und ihre nachhaltigen Bemühungen Bericht zu erstatten[4].

Dies gilt ebenfalls für Unternehmen, bei denen Reinräume zum Einsatz kommen, wie bspw. in der Pharmazie, Medizintechnik oder Halbleiterfertigung. Reinräume leisten aufgrund der kontrollierten Umgebung einen unverzichtbaren Beitrag zur Minimierung von Verunreinigungen und damit zur Sicherung der Produktqualität. Manche Produkte, wie bspw. Mikrochips, würde es ohne Reinräume gar nicht geben. Der Einsatz von Reinräumen führt zu weniger Ausschuss sowie einer erhöhten Haltbarkeit von Produkten und Sicherheit von Patienten/Konsumenten. Zudem leisten diese einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Mensch und Umwelt.

Auf der anderen Seite sind Reinräume jedoch sehr energieintensiv. Aufgrund der extrem hohen Anforderungen an Luftqualität, Temperatur und Luftfeuchtigkeit ist der Energieverbrauch dieser Anlagen bis zu 25-mal höher als bei konventionellen Industrie- oder Verwaltungsgebäuden[5]. Hinzu kommt ein sehr hoher Bedarf an zahlreichen Single-Use-Materialien, u.a. für Reinigung und Verpackung.

Dieser Artikel beleuchtet Ansätze, die zu nachhaltigeren Reinräumen führen können, mit Fokus auf den Reinraumbetrieb. Ebenso werden die Wieder- und Weiterverwertung von Reinstmedien sowie nachhaltige Verbrauchsmaterialien behandelt. Bei allen Ansätzen liegt die bedeutende, aber notwendige Herausforderung darin, den Energiebedarf zu senken, Ressourcen zu schonen und gleichzeitig dem Prozess- und Produktschutz, sowie den Anforderungen unter bspw. GMP (Good Manufacturing Practice), ohne Qualitätseinbußen gerecht zu werden.

Ansätze zur Steigerung der Energieeffizienz in Reinräumen

Aufgrund des enorm hohen Energieverbrauchs von Reinräumen gilt die Erhöhung der Energieeffizienz als zentraler Ansatz, um nachhaltiger zu werden.

Dimensionen der Energieeffizienz

Spricht man von Energieeffizienz, so unterscheidet man häufig zwischen den drei nachhaltigen Strategien Suffizienz, Effizienz und Konsistenz. Suffizienz bedeutet, den Ressourcenverbrauch zu senken, indem insgesamt weniger Energie benötigt wird. Effizienz steht für die bessere Nutzung von Material und Energie, während Konsistenz auf umweltfreundliche Technologien setzt, die Stoffe aus Ökosystemen nutzen, ohne sie zu schädigen.[6]


Die Reinraumplanung

Richtlinien und Normen wie VDI 2083 Blatt 4.2 und DIN EN ISO 14644-16 zeigen vielfältige, effektive Ansatzpunkte und Vorgehensweisen zur Verbesserung der Energieeffizienz in Reinräumen auf. Bereits bei der Planung von Reinräumen können viele Ansätze zur Suffizienz in die Tat umgesetzt werden. Dazu zählt, die Reinraumfläche, und damit auch die Raumvolumina, so gering wie möglich zu halten, um so das nötige Belüftungsvolumen zu reduzieren. Durch die Planung und Integration möglichst kleiner Bereiche mit turbulenzarmer Verdrängungsströmung (TAV) lässt sich ebenfalls sehr viel Energie einsparen. Die VDI 2083 schlägt die Nutzung von Barrieresystemen, wie bspw. Isolatoren in der Pharma-Abfüllung sowie Mini-Enviroments für die Halbleiterfertigung, vor. Durch diese Technologien entfällt die Notwendigkeit energieträchtiger Umgebungsklassen, wie die GMP-Klasse B, oder großflächiger Räume mit reiner TAV-Belüftung[7]. Auch in der Planung der Lüftungstechnik liegt ein großes Einsparpotenzial. Durch eine strategische Anordnung der Lüftungssysteme können die Belüftungswege verkürzt und damit die Druckverluste verringert werden. Dies reduziert den Energiebedarf des Systems und minimiert somit auch die damit verbundenen Energieverluste.

Die Luftwechselrate

Großes Einsparpotenzial liegt auch in einer an den Bedarf angepassten Belüftung von Reinräumen. Allgemein sind regulatorisch keine konkreten Luftwechselraten für Reinräume vorgegeben (von einzelnen Vorgaben wie z.B. der FDA abgesehen). Wichtig ist nur, dass durch die Belüftung die Grenzwerte der angestrebten Reinraumklasse für die Partikelkonzentration in der Luft eingehalten werden und die Frischluftzufuhr für das Personal gewährleistet ist. Trotzdem sind die Luftwechselzahlen oft deutlich höher als nötig.

Eine zentrale Maßnahme besteht darin, so wenig Partikel wie möglich im Reinraum zu generieren. Daraus resultiert, dass geringere Luftwechselraten für die Einhaltung der Partikelkonzentrationen ausreichen und insgesamt weniger Energie für die Belüftung aufgebracht werden muss. Effektive Ansätze zur Reduzierung der Partikelbelastung umfassen ein stringentes Bekleidungskonzept, das sicherstellt, dass weniger Partikel durch das Personal freigesetzt werden. Ebenso trägt die gezielte Reduktion der Personenzahl im Reinraum dazu bei, die Partikelfreisetzung zu minimieren. Zusätzlich kann die Implementierung automatisierter Prozesse den Personaleinsatz weiter reduzieren und dadurch nicht nur die Partikelbelastung, sondern auch die Prozessstabilität und Effizienz steigern.

Die VDI 2083 empfiehlt außerdem die Implementierung sinnvoll geplanter Absenkbetriebe. So kann Energie eingespart werden, indem die Belüftung in produktionsfreien Phasen, bspw.  nachts, reduziert wird. Die Umsetzung des Absenkbetriebs erfolgt auf Basis einer Risikobewertung nach erfolgreicher Validierung. Das Reinraummonitoring dient dabei zum Nachweis der Aufrechterhaltung des Reinraumstatus. Ähnlich setzt man bei temporär genutzten Räumen, wie z. B. Schleusen an. Hier könnte die Luftwechselrate abhängig von der Personenanzahl und Aktivitäten im Raum reguliert werden. Durch die Integration von Chips in die Reinraumbekleidung wäre eine Ermittlung der Anzahl der Personen und eine daran angepasste Luftwechselrate möglich[8]. Auch während Wartungsarbeiten kann das Belüftungssystem heruntergefahren werden, um Energie zu sparen. In diesem Fall werden Anforderungen wie der GMP-Status ausgesetzt, was auch die Durchführung der Arbeiten vereinfacht.[7]


Die Klimatisierung

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Herstellung von recycelten Reinraumtüchern
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Das Temperieren sowie das Be- oder Entfeuchten der Zuluft in den Reinraum erfordert einen hohen Energieaufwand. In den Normen wird empfohlen, die Grenzwerte für Lufttemperatur und -feuchte je nach klimatischen Bedingungen leicht anzuheben oder abzusenken. Da insbesondere das Entfeuchten und Kühlen der Luft energetisch aufwendig ist, kann hier viel Energie eingespart werden.

Es ist jedoch wichtig, dass diese Änderungen im erträglichen Rahmen für das Personal erfolgen, um deren Behaglichkeit nicht negativ zu beeinflussen. Anderseits kann in diesem Zuge auch das Bekleidungskonzept an die Änderungen angepasst werden, sodass eine gute Behaglichkeit weiterhin erhalten bleibt.

Um den Energieaufwand für die Klimatisierung weiter zu reduzieren, ist es sinnvoll, die Sonneneinstrahlung durch Außenverschattungen zu minimieren. Dadurch heizt sich der Reinraum weniger auf, was insbesondere im Sommer zu einem geringeren Kühlbedarf führt. Neben einer optimierten Klimatisierung steht auch die Reduzierung der Wärmelast im Reinraum im Fokus. Geräte, die im Prozess weniger Wärme abgeben, verhindern eine übermäßige Erwärmung der Raumluft, wodurch der Kühlbedarf sinkt und die Klimatisierung insgesamt weniger Energie erfordert.

Genauso wird empfohlen, Reinräume energetisch effizienter zu gestalten, indem sie konsequent gut abgedichtet und isoliert werden. Dies hat mehrere Vorteile, wie z. B. weniger Wärmeverlust, ein reduzierter unbeabsichtigter Luftaustausch mit der Umgebung sowie ein besserer Druckerhalt. Diese Maßnahmen tragen erheblich zur Energieeinsparung bei.

Der Umluftbetrieb

Ein weiterer wichtiger Ansatz beim Thema Belüftung besteht darin, den Außenluftanteil im Zuluftsystem zu reduzieren. Dadurch muss weniger Außenluft aufbereitet, temperiert und be- oder entfeuchtet werden, was Energie spart. Dies kann durch Umluftsysteme erreicht werden, bei denen ein Großteil der Abluft des Reinraums wiederaufbereitet und zurückgeführt wird. Eine effektive Verhinderung von Kreuzkontaminationen ist dabei sicherzustellen.

Die VDI 2083 empfiehlt bei der Planung neuer Reinräume die Belüftung mit dezentralen Umluftanlagen zu gestalten. Dies vermeidet lange Luftwege und verringert Druckverluste im Belüftungssystem. Gleichzeitig ermöglicht es eine flexible und unabhängige Steuerung der Belüftung einzelner Reinräume. Trotz dieser Maßnahmen muss die notwendige Frischluftversorgung des Personals jederzeit gewährleistet sein. Als Richtwert gelten in der Regel 35 m³ Frischluft pro Stunde und Person[10]. Zusätzlich kann in Umluftsystemen eine Wärmerückgewinnung erfolgen, bei welcher der Abluft Wärme entzogen und zur Vorerwärmung der Zuluft genutzt wird. Dies reduziert den Bedarf an externer Heizenergie und spart zusätzlich Energie im Reinraum.

Energieeffiziente Systeme / Geräte

Auch im Hinblick auf die Effizienz lassen sich zahlreiche Einsparmöglichkeiten identifizieren. In der ISO 14644-16 verweist man auf die Auswahl von Ventilatoren mit höchstmöglichem Wirkungsgrad und Luftfiltern mit geringem Druckverlust. Ebenfalls könnte die Nutzung von energieeffizienten Vorfiltern dazu führen, dass endständige Filter weniger belastet und demnach seltener ausgetauscht werden müssen. Auch die Nutzung energieeffizienter LED-Beleuchtung führt zu großen Energieeinsparungen. Dazu gehört ebenfalls eine effiziente Steuerung der Beleuchtung, insbesondere das Herunterregeln in Ruhephasen.[9]

Wieder- und Weiterverwertung von Reinraummedien

Die Herstellung von Reinraummedien ist aufgrund strenger Anforderungen oft energieintensiv. Um Energie zu sparen, empfiehlt die VDI 2083 die Wieder- und Weiterverwendung von Reinstwasser. Dabei unterscheidet man zwischen der stofflichen Wiederverwendung, bei der das Wasser direkt erneut genutzt wird und der thermischen Weiterverwertung, bei der das Wasser als Energieträger für Heißlagerung oder Dampfsysteme eingesetzt wird. Ein Vorschlag zur stofflichen Weiterverwertung ist bspw. das Kondensat von Reinstdampf (z. B. aus Reinstdampfleitungen) als Wasser für Infektionszwecke (WFI) zu verwenden. Darüber hinaus kann die thermische Verwertung von heißem Abwasser erfolgen, indem die Abwärme genutzt wird, um andere Prozesse zu beheizen oder indem die Wärme in Heizsysteme eingespeist wird. An dieser Stelle ist der Einsatz von Wärmepumpen sinnvoll, um die Wärme bzw. Kälte effektiv zu nutzen[7]. Ziel dieser Ansätze ist es die „verlorene“ Energie, die in die Erzeugung der Medien investiert wurde, z. T. weiterhin zu nutzen und somit die Effizienz zu steigern. Neben der Wieder- und Weiterverwendung der Reinraummedien kann auch bei der Herstellung von Reinstwasser erheblich Energie eingespart werden. Im Vergleich zur energieintensiven Destillation bietet hier die membranbasierte Herstellung eine deutlich energieeffizientere Alternative.

Energiemonitoring und -controlling

Das ständige Überwachen des Energieverbrauchs verschiedener Anlagen und Systeme im Reinraum stellt ebenfalls eine Möglichkeit dar, durch welche viel Energie eingespart werden kann. Durch dieses vorzugsweise automatisierte Energiemonitoring lassen sich vor allem Optimierungspotentiale identifizieren. Beispielsweise bei raumlufttechnischen Anlagen können durch die kontinuierliche Erfassung und Analyse von Energieverbrauchsdaten gezielt Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und zur Senkung des Energieverbrauchs umgesetzt werden. Die VDI schlägt vor, auch Änderungen an bestehenden Anlagen sowie sich ändernde Produktionsbedingungen zu erfassen und zu bewerten. 

Auch dadurch lassen sich stetig weitere Maßnahmen zur Energieeinsparung identifizieren.[7]

Proaktive Wartung

Auch die proaktive Wartung von Filtern und Geräten trägt wesentlich zur Nachhaltigkeit von Reinräumen bei. Regelmäßige Inspektionen und ein rechtzeitiger Austausch von Filtern verhindern nicht nur eine Verschlechterung der Luftqualität, sondern minimieren auch den Energieverbrauch, da verschmutzte Filter den Luftwiderstand erhöhen und die Lüftungssysteme stärker belasten. Ebenso sorgt die Wartung von Geräten wie Ventilatoren, Klimakomponenten und Sensoren dafür, dass diese effizient arbeiten, wodurch unnötiger Energieverbrauch und Betriebsausfälle vermieden werden. Eine gut organisierte Wartungsstrategie kann demnach langfristig dazu führen, dass Energie eingespart wird.

Sensibilisierung des Personals

Obwohl das Verhalten des Personals im Vergleich zu technischen Maßnahmen nur einen geringen Einfluss auf die Energieeffizienz hat, sind eine gezielte Sensibilisierung und Schulungen in diesem Themenbereich sinnvoll. Ziel solcher Schulungen ist es laut den relevanten Normen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass das Unternehmen aufgrund energieintensiver Prozesse und Einrichtungen strikte Vorgaben in Bezug auf Nachhaltigkeit und gesetzliche Anforderungen einhalten muss.

Zu den wirksamen Maßnahmen, die das Verhalten des Personals betreffen, gehört das Ausschalten von Beleuchtung in Bereichen, die nach dem Arbeitstag nicht mehr genutzt werden. Auch elektronische Geräte, die nur gelegentlich gebraucht werden, sollten bei Nichtbenutzung ausgeschaltet werden. Zudem ist es wichtig, die Öffnungszeiten von Schleusen- und anderen Türen auf ein Minimum zu reduzieren. Dies verringert einerseits das Risiko von Kontaminationen und sorgt andererseits dafür, dass der Druckabfall durch geöffnete Türen so klein wie möglich bleibt.[7, 9]

In der Tabelle sind die identifizierten Ansätze zur Energieeffizienz zusammenfassend aufgeführt. Dabei wird jeweils ergänzend beleuchtet, wodurch sich ein Einsparpotenzial ergibt und welche Aspekte und Konsequenzen zu beachten sind.

Überblick zur Steigerung der Energieeffizienz

Nachhaltige Reinräume: Zukunftsweisende Ansätze für mehr Energieeffizienz
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Nachhaltige Verbrauchsmaterialien

Wenn es um Nachhaltigkeit in Reinräumen geht, führt kein Weg an den Verbrauchsmaterialien vorbei. Aufgrund der strengen Reinheitsvorgaben kommt sehr häufig Einweg-Equipment, welches nach Gebrauch entsorgt wird, zum Einsatz. Nachhaltigere Ansätze zielen hier vor allem auf die Reduzierung von Verpackungsmaterialien und die effiziente Wiederverwendung des Equipments/der Materialien ab, um die Abfallmenge insgesamt zu verringern. Letzteres fällt unter den Begriff der Circular Economy (Kreislaufwirtschaft). Ein in der Industrie seit langem etabliertes Beispiel ist die Wiederverwendung von Reinraumbekleidung über mehrere Zyklen durch effektive Waschprozesse. Dies trägt als ressourcensparende Maßnahme zur Nachhaltigkeit in Reinräumen bei.

Zusätzlich ist die Nutzung von biologisch abbaubaren Materialien wie bspw. biobasierter Kunststoff ein weiterer Ansatz. Beispielhaft dafür ist die Entwicklung von kompostierbaren Handschuhen, welche aus einer biobasierten Polylactid-Mischung bestehen. Aufgrund der Möglichkeit die Handschuhe industriell zu kompostieren, ist die Umweltbelastung deutlich geringer als bei Handschuhen aus herkömmlichem, synthetischem Kunststoff.[11]

Nicht nur die verbrauchten Materialien gilt es zu recyceln. Genauso steht die Entwicklung von Verbrauchsmaterialien im Vordergrund, welche aus recycelten Materialien hergestellt werden. Hier ist es wichtig, dass diese von sehr hoher Qualität sind und den Standards und Anforderungen der etablierten Materialien in nichts nachstehen. Ein entscheidender Faktor für die hohe Qualität solcher Produkte ist die sortenreine Abfalltrennung der Materialien. Recycelte Reinraumtücher aus Plastikflaschen sind ein Beispiel dafür[12]. Wie in Abb. zu sehen ist, werden recycelte Plastikflaschen in mehreren Schritten zu partikelarmen Reinraumtüchern verarbeitet.

Nach dem gleichen Prinzip wird auch Rein­-raumkleidung aus recycelten Materialien, genauer gesagt PET-Flaschen, hergestellt. Dass das Gewebe, aus welchem die Reinraumanzüge bestehen, die Anforderungen auch für kritische Prozesse erfüllt, wurde durch verschiedene Textilforschungsinstitute belegt. Deshalb kann diese neuartige Bekleidung ohne Einschränkungen zur Nachhaltigkeit in Reinräumen beitragen[13]. Durch die Nutzung recycelter Verbrauchsgegenstände sinkt der Verbrauch von nicht abbaubarem Plastik, was einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit für Reinräume bedeutet.

Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist das Thema Verpackung. Die meisten Single-Use-Materialien werden derzeit einzeln in Plastik verpackt, was zu großen Mengen an Plastikabfall führt. Deshalb werden auch nachhaltigere Verpackungslösungen entwickelt. Ein Beispiel dafür sind Mehrwegumverpackungen für Reinraummopps aus 100 % recyceltem PET-Material, in denen entweder fünf oder zehn Mopps Platz finden. Gefertigt aus einem Reinraumtextilgewebe sind diese wasch- und sterilisierbar.[14] Gleiches gilt für mehrfach verwendbare Sterilisationsbeutel. Neben der möglichen Wiederverwendung werden auch die Probleme herkömmlicher Sterilisationsbeutel aus Plastik optimiert. Sie sind deutlich robuster und reißen nicht beim Gebrauch, was oft bei der Sterilisation von Bauteilen mit vielen Ecken und Kanten in herkömmlichen Sterilisationsbeuteln passiert.[15]

Herstellung von recycelten Reinraumtüchern
Herstellung von recycelten Reinraumtüchern
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Fazit und Ausblick

Zusammengefasst lässt sich Nachhaltigkeit als eines der drängendsten Themen unserer Zeit beschreiben – auch in der Reinraumtechnik. Die durch die europäische und nationale Politik gesetzten Ziele zur Klimaneutralität führen dazu, dass auch Reinräume nachhaltiger werden müssen. Viele wegweisende Ansätze aus der Richtlinie VDI 2083 Blatt 4.2 und der Norm DIN EN ISO 14644-16 können die Energieeffizienz in Reinräumen von der Planung, über den Betrieb bis zur Sanierung von bestehenden Reinräumen steigern. Darüber hinaus gibt es immer mehr innovative Entwicklungen und Neuheiten von Unternehmen der Reinraumbranche, die neue Wege zur Erhöhung der Nachhaltigkeit des Reinraumbetriebs ebnen. Insbesondere der Markt für nachhaltige Verbrauchsmaterialien entwickelt sich rasant weiter. Dem Konzept der Circular Economy folgend, entstehen immer mehr Produkte aus recyceltem oder biologisch abbaubarem Material, welche einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Abfallmengen in Reinräumen liefern können und werden.
Für Unternehmen lohnt sich Nachhaltigkeit mehrfach: Sie kann das Markenimage verbessern, Investoren anziehen und auch die Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen. Darüber hinaus können nachhaltige Konzepte Risiken minimieren, Kosten senken und die Effizienz der Prozesse steigern. Auch in Zukunft wird es entscheidend sein, höchste Produktqualität, die Sicherheit der Mitarbeitenden und den Umweltschutz sicherzustellen. Da die hohen regulatorischen Anforderungen an Qualität und Sicherheit oft der nachhaltigen Entwicklung im Weg stehen, könnte deren künftige Ausgestaltung maßgeblich dafür bestimmend sein, wie sich Nachhaltigkeitsstrategien für Reinräume weiterentwickeln werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit wäre es angebracht, Vorgaben künftig zumindest nicht noch enger zu fassen, um den Spielraum für Nachhaltigkeitsmaßnahmen möglichst groß zu halten und einen signifikanten Beitrag zur Meisterung der globalen Klimaherausforderungen leisten zu können.


Literatur
[1] Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (2024): Nachhaltigkeit (nachhaltige Entwicklung). Online verfügbar unter https://www.bmz.de/de/service/­lexikon/nachhaltigkeit-nachhaltige-entwicklung-14700, zuletzt geprüft am 20.09.2024.

[2] Europäische Kommission (2024): Der europäische Grüne Deal. Online verfügbar unter https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de, zuletzt geprüft am 20.09.2024.

[3] Die Bundesregierung (2024): Ein Plan fürs Klima. Online verfügbar unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/­themen/tipps-fuer-verbraucher/klimaschutz­gesetz-2197410, zuletzt geprüft am 20.09.2024.

[4] Umweltbundesamt (2024): Umweltberichterstattung – CSR-Richtlinie. Online verfügbar unter https://www.umwelt­bundesamt.de/umweltberichterstattung-csr-richtlinie, zuletzt geprüft am 20.09.2024.

[5] Loomans, M.G.L.C.; Ludlage, T.B.J.; van den Oever, H.; Molenaar, P.C.A.; Kort, H.S.M.; Joosten, P.H.J. (2020): Experimental investigation into cleanroom contamination build-up when applying reduced ventilation and pressure hierarchy conditions as part of demand controlled filtration. In: Building and Environment 176

[6] BUND für Naturschutz und Umwelt in Deutschland (2024): Nachhaltigkeitsstrategien. Online verfügbar unter
https://www.bund-bawue.de/themen/mensch-umwelt/­nachhaltigkeit/nachhaltigkeitsstrategien/, zuletzt geprüft am 08.10.2024.

[7] Verein Deutscher Ingenieure (2011): VDI 2083 Blatt 4.2 - Reinraumtechnik Energieeffizienz.

[8] Zolg, Theresa; Beck, Maike; Schmid, Andreas (2023): Die Reinraumwelt von morgen. ReinRaumTechnik 3/2023. Online verfügbar unter https://www.chemanager-online.com/news/die-reinraumwelt-von-morgen, zuletzt geprüft am 13.12.2024.

[9] Deutsches Institut für Normung (2020): DIN EN ISO 14644- 16 – Energieeffizienz von Reinräumen und Reinluftgeräten.

[10] Flechl, Harald (2024): Kapitel 3.I.10.2 Auslegung und Berechnungsgrundlage. GMP-Berater. Online verfügbar unter https://gmp-berater.gmp-verlag.de/?action=infounit&value=RGooPoVxCb&uilang=de-DE&anchorLink=Practice_03_Raeume_03I_032_xml, zuletzt geprüft am 16.12.2024.

[11] Ansell (o.J.): MICROFLEX 31-103 Compostable Gloves. Online verfügbar unter https://www.ansell.com/eu/en/brands/microflex/microflex-31-103, zuletzt geprüft am 12.12.2024.

[12] Contec Inc. (2020): Going clean and green: A recycled polyester cleanroom wipe. Online verfügbar unter
https://cleanroomtechnology.com/going-clean-and-green-a-recycled-polyester-cleanroom-wipe-170406, zuletzt geprüft am 25.09.2024.

[13] Dastex Reinraumzubehör (2022): Reinraumbekleidung aus Recyclingmaterial. Online verfügbar unter
https://www.dastex.com/aktuelles/artikel/reinraum­bekleidung-aus-recyclingmaterial/, zuletzt geprüft am 04.11.2024.

[14] CWS Cleanrooms Cleaning GmbH (2024): Reinraum­reinigung & Desinfektion. Online verfügbar unter
https://www.cws.com/de-DE/reinraum/reinigung/­reinraumreinigung, zuletzt geprüft am 04.11.2024.

[15] Elis (o.J.): Wiederverwendbare Sterilisationsbeutel. Online verfügbar unter https://de.elis.com/de/wiederverwendbare-sterilisationsbeutel, zuletzt geprüft am 12.12.2024.

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Prof. Dr. Andreas Schmid

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