Neuheitenbericht der Compamed 2019

Compamed mit fast 800 Ausstellern aus 41 Nationen konnte eine neue Top-Beteiligung verbuchen (Laufzeit: 18. – 21. November 2019).

„Zur Compamed zeigten die Unternehmen Präsenz, um ihre Innovationskraft unter Beweis zu stellen und sich in einem immer anspruchsvoller werdenden Marktumfeld als starke Partner für die Medizintechnik-Industrie behaupten zu können“, konstatiert Wolfram Diener, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf. In fester Parallelität zur weltgrößten Medizinmesse ­Medica, die mit 5.500 Aussteller eine Rekordbeteiligung erreichte, konnte auch die diesjährige Compamed mit fast 800 Ausstellern aus 41 Nationen eine neue Top-Beteiligung verbuchen (Laufzeit: 18. – 21. November 2019). Die komplett ausgelasteten Hallen 8a und 8b des Düsseldorfer Messe­geländes bestätigen erneut die Position der Compamed als international führende Zulieferer-Plattform. Hier wurden einmal mehr wesentliche ­Medizintechnik-Trends mit ihrer Relevanz für vorgelagerte Entwicklungs- und Fertigungs­stufen ge­spiegelt und die Rolle der Zulieferer als wichtige Schrittmacher für den medizinischen Fortschritt unterstrichen.

Einen klaren Trend in der Medizintechnik markiert nach wie vor die Digitalisierung, die vor allem bei medizintechnischen Geräten für mobile Diagnostik, Therapie und bei Laborequipment unverzichtbar ist. „Mikrotechnologien sind der Schlüssel für die Digitalisierung von Medizintechnik“, betont Dr. Thomas Dietrich, Geschäftsführer des IVAM Fachverband für Mikrotechnik. „Ohne miniaturisierte Bauteile und Verfahren, die eine ultrapräzise Fertigung ermöglichen, sind tragbare und vernetzte Geräte nicht möglich“, so Dietrich. Aus diesem Grund wächst die Nachfrage nach der Miniaturisierung von medizinischen Komponenten weiterhin rasant. Deshalb sind auch die meisten der 55 am größten Gemeinschaftsstand der Compamed, dem IVAM-Marktplatz Hightech for Medical Devices, beteiligten Aussteller in diesem Bereich tätig. Schwerpunkte des Produktmarktes lagen auf Mikrofluidik, Sensorik, Mikroelektronik und optische Technologien. Gerade die Mikrofluidik generiert spannende neue Einsatzmöglichkeiten.

Eine Revolution der Zellkultur
Nicht weniger als eine Revolution der Zellkultur verspricht IVAM-Mitglied Micronit durch neue hybride Systeme: Unter der Bezeichnung „Organ-on-a-Chip“ entwickelt sich ein multidisziplinäres Feld, in dem menschliche Zellbiologie und Mikrofluidik auf einer Lab-on-a-Chip-Architektur zusammengeführt werden. Organ-on-a-Chip-Geräte bestehen aus einer Mikrofluidik-Plattform, mit der Benutzer ein hochbiometrisches System in einer künstlichen Umgebung maßschneidern können. Die Zellkulturchips simulieren die physiologische Reaktion von Organen. Derartige Anwendungen gehören in der Life-Science- und Pharmaindustrie zu den am schnellsten wachsenden Forschungsbereichen. Entsprechende Geräte von Micronit sind bereits in mehreren Forschungslabors auf der ganzen Welt im Einsatz und beweisen ihre Eignung für die Erstellung künstlicher Modelle im Feld, darunter Darm und Lunge. „Entsprechende Systeme sind häufig aus verschiedenen Materialien wie Glas, Silizium und Polymeren aufgebaut, solche Hybride gehören zu unserer Kernkompetenz“, erklärt Remy Wiertz, Key-Account-Manager bei Micronit.

Biochips anstelle von Tierversuchen
Organ-on-a-Chip-Systeme lassen sich auch für die Untersuchung von Wirkstoffen in Medikamenten einsetzen. Aus ethischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Gründen wird auf Tierversuche immer häufiger verzichtet. Möglich macht das die zunehmende Verwendung von Biochips, die mit menschlichen Zellen verschiedener Organe besiedelt sind und über kleine Kanäle mit Nährflüssigkeit versorgt werden. So können Blutkreislauf und Stoffwechselfunktionen simuliert werden. Die Beobachtungen nach Zugabe von Wirkstoffen aus Medikamenten, Kosmetika oder Chemikalien erlauben Rückschlüsse auf Reaktionen und Vorgänge im menschlichen Körper. Voraussetzung für die kontinuierliche Versorgung der Zellen mit flüssigem Nährmedium sind hochpräzise Dosiersysteme auf Basis von Mikrosystemtechnik, da bereits geringe Schwankungen die Testergebnisse beeinflussen. Entsprechende Systeme stellt die HNP Mikrosysteme unter der Bezeichnung LiquiDoS her. Herzstück ist eine Mikrozahnringpumpe, die bestens für die Befüllung der Biochips geeignet ist. „Mit unserer Pumpe lassen sich Volumenströme von 1,5 μl pro Minute bis 72 ml pro Minute sowie Dosiervolumina ab 0,25 μl schonend realisieren“, berichtet Dr. Dorothee M. Runge, bei HNP für Technical Sales Life Science zuständig.

Werkzeuge zur Vereinzelung von Zellen
Die Diagnose Krebs hat auch nach jahrzehntelangen Forschungsanstrengungen nichts von ihrem Schrecken verloren. In vielen Fällen stehen nach wie vor nur relativ unspezifische und aggressive Therapien zur Verfügung. Dabei weiß die Wissenschaft heute, dass jede Krebserkrankung eine ganz individuelle Behandlung erfordert. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Möglichkeit, die Zellen eines Tumors einzeln im Detail untersuchen zu können. Dazu benötigen Mediziner Werkzeuge, um eine Vielzahl von Zellen zu vereinzeln, also getrennt voneinander für die weitere Analytik zur Verfügung zu stellen. Am Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme (IMM) wird intensiv an der Entwicklung von automatisierten Methoden zur Isolation und Detektion von Zellen gearbeitet. Dabei wird die Tatsache genutzt, dass sich einige Mikrometer große Objekte wie Zellen gezielt durch mikrofluidische Strömungen (Strömungen von sehr kleinen Flüssigkeitsmengen durch sehr enge Kanäle im Bereich von einigen 10 bis 100 µm) beeinflussen lassen. Auf dieser Basis konnte ein Mikro-Dispensiersystem entwickelt werden, mit dem einzelne Zellen voll automatisiert aus einer Vielzahl von Zellen erkannt und einzeln in Töpfchen einer Mikrotiterplatte zur weiteren Analyse bereitgestellt werden. Dazu werden die Zellen zunächst mit einem Fluoreszenzfarbstoff angefärbt, in einer mikrofluidischen Strömung durch eine Detektionszone transportiert, mit einem Laser beleuchtet und anhand der entstehenden Fluoreszenzstrahlung optisch nachgewiesen. Wird eine Zelle detektiert, erfolgt ihre Vereinzelung durch einen gezielten Druckstoß. „Unser vollautomatisches System CTCelect für zirkulierende Tumorzellen wird schon bald für die Forschung einsatzbereit sein“, verspricht Dr. Sabine Alebrand, im IMM für das Projekt zuständig.

Molekulare Diagnostik für Zellen, ­Proteine und DNA
Ganz neue Möglichkeiten für den Bereich Life-Science offeriert auch die Technologie-Plattform Syonis von Jenoptik. „Je nach Konfiguration lassen sich mit unserem modular aufgebauten System Zellen, Proteine oder DNA detektieren“, erklärt Dr. Ute Hofmann, Product Managerin Biophotonics bei Jenoptik. Eine einfache Inte­gration in bestehende Instrumente oder Neuentwicklungen sind möglich dank der Kombination aus teilweise standardisierten optischen, optomechanischen und elektronischen Modulen mit leistungsstarker Bildverarbeitungs- und Steuerungssoftware. Jenoptik fungiert als Systemintegrator und passt seine bildgebenden Verfahren kurzfristig und kostengünstig an die Kundenwünsche an. Auf diese Weise kann die Produktivität in wissenschaftlichen und klinischen Labors deutlich gesteigert werden. Neben dem Live cell imaging unterstützt Syonis auch Durchflusszytometrie und molekulare Diagnostik. „Mit Syonis fokussieren wir unsere langjährige Expertise in der digitalen Bildverarbeitung auf dem wachstumsstarken Markt der Biophotonik“, so Dr. Stefan Traeger, Vorstandsvorsitzender der Jenoptik.

Pharmazie und Medizin:große Märkte für Verpackungen
Bei der Compamed sind maßgebliche Verpackungsindustrien jedes Jahr mit von der Partie. Das gilt etwa für Multivac, das nach eigener Aussage über das breiteste Portfolio an Verpackungslösungen am Markt verfügt. Das Unternehmen präsentierte seine umfassende Automatisierungs- und Anwendungskompetenz für das Verpacken von medizinischen Produkten in kleinen bis mittleren Chargen. Die effizienten Lösungen eignen sich für das Verpacken von verschiedensten Produkten in unterschiedlichsten Packungsformaten. Einen Ausstellungsschwerpunkt setzte Multivac mit einer Verpackungslinie für das Verpacken von medizinischen Sterilgütern, die mit einem automatischen Zuführsystem für die Beladung von vorgefüllten Glas- oder Kunststoffspritzen ausgestattet ist. Kernstück der Linie ist die frei konfigurierbare Tiefziehverpackungsmaschine R 245. „Mit dieser Lösung schaffen wir u. a. die Verpackung von 300 Spritzen pro Minute“, sagt Verena Vetter, Product Manager Medical & Pharmaceutical Division bei Multivac.
Für den wachsenden Markt intelligenter, mit Sensoren und Drahtlostechnologien ausgestatteter Pflaster thematisierte Harro Höfliger Fertigungs- und Verpackungslösungen. „Zu ihrer Produktion und Verpackung kombinieren wir verschiedene Prozesse und Technologien. Neben diversen Dosiersystemen kommt zunehmend Mikrofluidik zum Einsatz“, betont Dieter Haberzettl, Business Unit Leader Diagnostics bei Höfliger. Die Produktion der funktionalen Pflaster erfolgt auf bahnverarbeitenden Maschinen durch das Laminieren spezieller Web-Materialien, die den elektronischen Sensorchip und seine Peripherie beinhalten. Anschließend werden die Pflaster in der gewünschten Größe aus dem Bahnmaterial geschnitten oder gestanzt.

Komponenten und Antriebe
Weitere thematische „Dauerbrenner“ der Compamed sind Komponenten und Antriebe. MeKo Laser Materialbearbeitung produziert bspw. seit über 25 Jahren Bauteile mit engen Toleranzen und perfekter Oberfläche. Neu im Programm sind nun resorbierbare Materialien, die sich im menschlichen Körper komplett abbauen. „Damit verfügen wir über eine Materialalternative bei Stents, die bisher aus Stahl und Nickeltitan hergestellt werden“, erklärt Tim Fries, Produktmanager und Kundenberater bei MeKo.
Die Nanotec Electronic gehört wiederum zu den führenden Herstellern von Motoren und Steuerungen für hochwertige Antriebslösungen, das breit gefächerte Programm von Produkten adressiert auch die Laborautomatisierung und die Medizintechnik: „Für uns ist das der größte Einsatzbereich noch vor dem Maschinenbau“, bestätigt Harald Bär, Sales Engineer bei Nanotec. Das Portfolio reicht von kleinen Antrieben für die Feinstmengendosierung, die nur mit einer bis 5 U/ min laufen, über Dialysepumpen, die eine hohe Gleichmäßigkeit aufweisen müssen, bis zu hochdrehenden Antrieben mit bis zu 30.000 U/ min.

Feinste Dosierung und keimresistente Beschichtung
Dosiertechnik sowie Beschichtungen markieren stets weitere wichtige Themen bei der Compamed. So zeigte die Firma Vieweg Spezialdosiersysteme und ein neu entwickeltes Mikrodosierventil zur berührungslosen bzw. strahlbildenden Dosierung flüssiger Medien. Kleinste und exakte Flüssigkeitsmengen (je Schuss ab 5 nl) können damit gehandhabt werden. Hauptanwendungsgebiet ist die Produktion von Medizintechnik, in der kleinste Flüssigkeitsmengen z.B. von verschiedensten Klebstoffen, Lösungsmitteln oder Silikonen benötigt werden.
Leoni Special Cables hat sich indes der Wahrung der Hygiene verschrieben und entwickelt antimikrobielle Kabel und Systeme für die Medizintechnik, z. B. für körpernahe Geräte wie EKG, Endoskope und Ultraschall. Entsprechende Produkte haben eine keimtötende Kunststoffoberfläche, die sowohl gegen grampositive und -negative Bakterien (inklusive multiresistenter Erreger wie z. B. MRSA, VRE und ESBL) als auch gegen Viren und Pilze wirksam ist. Schon bei einer geringen Zugabe eines Metalloxids in den Mantelwerkstoff wird eine deutliche Keimreduktion von über 99,99 % an der Oberfläche erreicht. Auch während der normalen Handhabung (Belastung durch Schweiß und Eiweiß) bleibt die antimikrobielle Wirkung bei unterschiedlichen Einsatzzeiten und Konzentrationen erhalten – ein wesentlicher Unterschied zu etablierten Silber- und Kupfermethoden.
Die Compamed 2019 und die parallele Medica 2019 zählten insgesamt 121.000 Fachbesucher. Zwei Drittel davon kamen aus dem Ausland (aus rund 170 Nationen).

Ausstellerstimmen und Impressionen aus dem Messegeschehen online abrufbar unter: www.compamed.de

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Messe Düsseldorf GmbH

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40474 Düsseldorf
Deutschland

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