Mühlen und Mälzereien an einem einzigen Standort zu betreiben, ist eine Besonderheit – mit speziellen Ansprüchen an die Qualitätssicherung (QS) für die Mehle und Malze. Dies stellt die Qualitätssicherung vor die anspruchsvolle Aufgabe, für die Einhaltung der unterschiedlichsten Spezifikationen zu sorgen. So werden in den Mühlen viele besondere Mehle für die Pizzaherstellung, für Frischteige und Baguettes produziert, während die Mälzereien mit der Herstellung von Gersten- und Weizenmalz, veredelten Aromamalzen, Röstmalzmehlen, Malzflocken sowie Malzschrot beschäftigt sind, die nicht nur Trendbieren den besonderen geschmacklichen Kick verleihen.
Bei den Mahlerzeugnissen sind neben den kundenspezifischen Rezepturen die Typenregelungen nach DIN-NORM 10 355 zu beachten, die für die einzelnen Mehlsorten bestimmte Mineralstoff-Grenzen vorschreiben. Die Karl Bindewald Kupfermühle GmbH setzt auf Echtzeit-Kontrollen und führte dafür in der Kupfermühle Bischheim
Büchi NIR-Online
Prozessanalysatoren ein.
QS in Produktion und Labor
Aktuell werden in der Kupfermühle Bischheim jedes Jahr rund 200.000 t Weizen verarbeitet, Tendenz steigend. Bei den
NIR-Online Prozessanalysatoren handelt es sich um kompakte, handliche Geräte, die direkt in die Produktionsabläufe der Kupfermühle integriert sind und eine zeitnahe QS ermöglichen. Die Messungen erfolgen an den Reinigungs- und Mahlanlagen in einer Bypass-Konfiguration. Durch ein Sichtfenster richten NIR-Online Sensoren fortlaufend Licht im Bereich des Nahen Infrarots (NIR) auf die vorbeilaufenden Getreide- und Mehlmischungen. Je nach Mischungsbeschaffenheit variiert das reflektierte Licht, das von einem
Dioden-Array-Spektrometer ausgelesen und von der zugehörigen Prozesssoftware in Echtzeit ausgewertet wird. Auf einem Monitor als Kurve dargestellt, bilden diese Werte den Gehalt an Protein, Kleber, Feuchte, Asche und anderen Kenngrößen kontinuierlich ab.
Mit den NIR-Online-Systemen ist es der Kupfermühle heute möglich, die unterschiedlichsten Getreide- und Mehlmischungen sekundenschnell auf ihre Zusammensetzung hin zu überprüfen – rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche. An den Mehlstationen nutzt die Kupfermühle einen Prozessanalysator von Büchi NIR-Online, der zusätzlich mit einer Video-Kamera ausgestattet ist. Diese erfasst die äußeren Merkmale des Getreides erfasst und erkennt, ob eine Lieferung von Verunreinigungen durchsetzt ist.
Ausfallzeiten und Ausschuss minimieren
Für die Kupfermühle bieten die NIR-Online-Messungen zahlreiche Vorteile. „Zuvor waren wir auf klassische Stichproben zur Qualitätsprüfung der fertigen Getreide- und Mehlmischungen beschränkt“, erklärt Martin Diehl, Leiter der Qualitätssicherung Mühle. „Diese Proben wurden manuell im Labor untersucht und boten nur punktuelle Informationen zur Qualität.“ Mit NIR-Online hingegen lässt sich anhand der im Monitor dargestellten Kurve zeitnah kontrollieren, ob die Mischungen den Rezepturvorgaben entsprechen. Treten bspw. Abweichungen beim Aschegehalt auf, kann der Mitarbeiter in der Schaltwarte sofort reagieren und geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen, wie z. B. entsprechende Wartungsarbeiten am Sichter. Auf diese Weise ist die Kupfermühle in der Lage, Produktionsfehler, Ausfallzeiten und Ausschuss zu minimieren und gleichzeitig ihr hohes Qualitätsversprechen gegenüber ihren Abnehmern einzuhalten. Im Ergebnis steigen Kundenzufriedenheit und Produktivität gleichermaßen.
Ergänzend nutzt die Kupfermühle die Büchi NIR-Online Analytik im Labor. Das dort plazierte Gerät dient als Mastersystem und wird zur Untersuchung von Mustern verwendet, die zweimal täglich aus den Getreide- und Mehlmischungen in den Reinigungs- und Mahlanlagen entnommen werden. Die im Labor nasschemisch ermittelten Referenzwerte geben die Richtung für die Kalibrierung und Kontrolle der Prozessanalysatoren vor Ort vor.
Zusätzlich werden mit dem im Labormodus betriebenen NIR-Online-Gerät die Mehlendprodukte auf die richtige Zusammensetzung untersucht: Die Kupfermühle erzielt damit Sicherheit über die ausgelieferten Partien. „Mit NIR-Online müssen die Mitarbeiter im Labor nicht mehr so viel Aufwand in die Qualitätssicherung stecken und können sich auf andere wichtige Aufgaben konzentrieren“, unterstreicht Martin Diehl. „Selbst wenn bei einem Muster eine Vielzahl an Parametern auf dem Prüfstand steht, liefert uns das Laborgerät bereits in 30 Sekunden eine umfassende Transparenz. Früher mussten wir einen halben Tag auf die Messergebnisse warten.“
Als zentralen Kundenvorteil bewertet Martin Diehl die hohe Flexibilität der NIR-Online-Software, die es dem Anwender ermöglicht, beliebige Rezepte mit beliebig vielen Parametern zu erstellen und bedarfsgerecht anzupassen. Wird bei der Kupfermühle ein neues Spezialmehl nachgefragt, dessen Rezept sich in einigen Parametern von einer vorhandenen Spezifikation unterscheidet, kann durch die NIR-Online Software das bestehende Rezept mit geringem Aufwand angepasst werden. Somit kann das neue Produkt nahtlos in die Qualitätssicherung einbezogen werden.
Um diese Vorteile auch im Malzbereich nutzen zu können, wird der NIR-Online-Einsatz am Standort Bischheim gerade auf die Mälzerei ausgedehnt, die jährlich rund 120.000 t Malz verarbeitet. Da sich die Malzprodukte aus mehreren und dazu noch komplexeren Kenngrößen zusammensetzen als die Mehlsorten, wird auch die Qualitätssicherung in der Mälzerei von der hohen Anpassungsfähigkeit der Software stark profitieren.
Neue Separierung angestrebt
Auch in der Kupfermühle stehen die Zeichen auf Erweiterung des NIR-Online-Einsatzes. Hier müssen die Qualitätsverantwortlichen der Entwicklung Rechnung tragen, dass sich der Klimawandel und die neue EU-Düngemittelverordnung nachhaltig auf die pflanzliche Produktion in der Landwirtschaft auswirken. Da sich auch im Weizenanbau die Sorten verändern werden, haben sich die Mühlen auf eine angepasste Beurteilung und Separierung der Lieferungen einzustellen.
Martin Diehl sieht darin einen zentralen Stellhebel, um die Mehlproduktion in Bischheim künftig noch wirtschaftlicher zu gestalten. Im Fokus seiner Überlegungen steht der Proteinanteil des Weizens, der – entgegen der verbreiteten Annahme – nicht zwingend erforderlich für die Qualität von Backprodukten ist. Als Beispiel nennt Diehl Volumengebäcke wie Brot und Brötchen. In diesem Segment fand er in ersten Untersuchungen heraus, dass sich die notwendigen Volumina auch mit Weizensorten erzielen lassen, die weniger Protein als die bisher gebräuchlichen enthalten und damit bedarfsgerechter eingekauft werden können.
Diese Ergebnisse sollen in Form einer offiziellen Studie verifiziert und dabei diejenigen Weizensorten identifiziert werden, die geeignet sind, Protein-Quantität durch Protein-Qualität auszugleichen. Künftig auch in der Getreideannahme der Kupfermühle eingesetzt, soll es die NIR-Online-Prozessanalytik ermöglichen, diese preisgünstigeren, aber nicht weniger leistungsstarken Weizensorten gleich bei der Lieferung zu separieren. „Wenn wir bei 200.000 t jährlich eingekauftem Getreide nur 1 - 2 % davon optimieren und die Aufschläge für die teureren Weizensorten einsparen können, hat sich die Anschaffung des neuen Büchi NIR-Online-Geräts innerhalb nur einer Ernte amortisiert.
Das Mühlenunternehmen
„Mehl und Malz aus Rheinhessen/Pfalz“ lautet der Slogan der Bindewald GmbH, die Mühlen und Mälzereien in Bischheim, Kirchheimbolanden und Wiesenttal unterhält – also inmitten eines der fruchtbarsten Getreideanbaugebiete Südwestdeutschlands. 1871 gegründet, beliefert das Unternehmen heute europaweit zahlreiche Bäckereien, Einzelhändler sowie Kunden aus der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Dafür ist Bindewald mit einem eigenen Fuhrpark unterwegs. Das Produktspektrum ist äußerst breit und reicht von klassischen Mehlen und Malzen bis hin zu Spezialmischungen, die auf die individuellen Kunden-wünsche zugeschnitten sind.