14.04.2022 • NachrichtenReinraumReinraumtechnikCleanrooms

Quality Oversight

Die gelebte Praxis im pharmazeutischen Umfeld hat gezeigt, dass oftmals ­Dokumente der Quality-Oversight in unzureichender Konsistenz und heterogener Tiefe vorliegen.

© Seventyfour - stock.adobe.com
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Eine nähere Betrachtung macht deutlich, dass die betreffenden ­Dokumente vielfach nicht mit dem tatsächlichen Fehlerpotenzial bei der Herstellung ­steriler Arzneimittel korrespondieren. Häufig kann festgestellt werden, dass diese Dokumente eine Vermischung empirischer Daten und regulativer Anforderungen etc. darstellen, jedoch keiner systematischen und nachvollziehbaren Vorgangs­weise wie einer risikobasierten Betrachtung und Ableitung entspringen.

Diesem bislang fehlenden systematischen Ansatz und der aktuellen regulativen Situation folgend (Überarbeitung des EU-GMP Leitfaden Anhang 1 vorliegend als Consultation Document zum Annex 1, Manufacture of Sterile Medicinal Products des EU-GMP Leitfaden), wächst die Notwendigkeit, geeignete Risikomanagementtools aus einem umfassenden Methodenkoffer auszuwählen und heranzuziehen. Das gilt exemplarisch für Dokumente der Quality-Oversight wie auch für weitere vielfältige Belange im Spannungsfeld der pharmazeutischen Qualitätssicherung und des gelebten Qualitätsmanagements.

Insbesondere bei der Herstellung steriler Arzneimittel – deren Anforderungen der EU-GMP Leitfaden im Anhang 1 abbildet – kommt einer wirksamen Kontaminationskontrolle im Sinne der Minimierung des Risikos einer Produktkontamination eine Schlüsselrolle zu.

Die mit Spannung erwartete Fassung dieses Dokuments formuliert neben den bisherigen Maßnahmen der Kontaminationskontrolle erstmals die Forderung einer umfassenden übergeordneten Contamination Control Strategy (CCS). Der Einsatz etablierter Tools für die systematische Determinierung der verborgenen Risken bildet ein solides Fundament für das Setup einer umfassenden übergeordneten Contamination Control Strategy.

Contamination Control Strategy

Welche geeigneten Methoden zur Risikobetrachtung und welche Werkzeuge können von der Quality Oversight herangezogen werden? Worauf ist bei deren Auswahl und Anwendung zu achten? Für eine erfolgreiche Auswahl ist es essentiell, standardisierte Gütekriterien anzuwenden und sie für den unternehmensspezifischen Anwendungszweck zu reflektieren bzw. validieren.

Als Gütekriterien für die Verifizierung von Methoden und die methodische Reflexion seien folgende genannt:

  • Reliabilität – die Genauigkeit und Zuverlässigkeit einer Untersuchung
  • Validität – inwieweit eine Methode das misst,
  • was sie messen soll
  • Objektivität – das Ausmaß, in dem ein Untersuchungs­ergebnis in der Durchführung, Auswertung und Interpretation vom Untersuchenden nicht ­beeinflusst werden kann

© comprei

SWOT-Analyse kombiniert mit TOWS-Matrix als „Mixed-Methods-Model“

 

Zur Betrachtung als Beispiel für die Rolle der Quality Oversight wollen wir das aseptische Verhalten der Operatoren in der Reinraumklasse A und B heranziehen. Für die weiterführende Analyse steht eine Vielzahl an Tools zur Verfügung. Einige davon werden im Folgenden erläutert und kritisch hinterfragt.

Die etablierte und allseits geläufige Methode „Ishikawa Diagramm“ kann in diesem Kontext als „Brainstorming Tool“ eingesetzt werden. Dieses qualitative Instrument erlaubt es, negative kritische Einflussgrößen kategorisiert zu sammeln.
Das erschlossene Risikomaterial wird – zwecks Quantifizierung des Risikopotenzials und strategischer Ableitung definierter Maßnahmen – einer FMEA (Failure Mode and Effects Analysis) zugeführt. Das Bewertungssystem der FMEA erlaubt es den Input-Parameter „gesammeltes Risikomaterial“ auszuwerten und für die weiterführende Analyse differenziert zu betrachten. Die Output-Parameter der FMEA sollen nun systematisch in eine SWOT-Analyse transferiert werden.

Die SWOT-Analyse (engl. Akronym für Strengths [Stärken], Weaknesses [Schwächen], Opportunities [Chancen] und Threats [Risiken]) stellt im Kontext des gegenständlichen Vorhabens ein Instrument der strategischen Umsetzbarkeits- und Planungsbewertung dar. Sie dient somit der Positionsbestimmung und der Strategieentwicklung für die Umsetzung der systematisch definierten Maßnahmen. Die SWOT-Analyse kann auch in systematischer Verknüpfung mit einer TOWS-Matrix herangezogen werden.

Hier kann der Nachteil der rein qualitativ orientierten SWOT-Analyse durch das Verknüpfen mit der quantitativ orientierten TOWS-Matrix neutralisiert werden. Dieses „Mixed Methods Model“ bietet die Möglichkeit, einen kennzahlenbasierenden Output zu gewinnen, ohne an Kreativität und gestalterischer Freiheit im Zuge der Analyse zu verlieren.

Die dargelegte strategische Verknüpfung von sorgfältig aus dem Methodenkoffer ausgewählten Instrumenten und deren bedachte Anwendung mit systematisch abgeleiteten Risikopotential erlaubt es, zielgerichtete Maßnahmen zu definieren und deren effiziente Umsetzung abzusichern.

Rückblickend auf die eingangs beschriebene Problemstellung der Quality-Oversight-Dokumente (Inkonsistenz und Heterogenität der Tiefe, mangelnde Korrespondenz mit tatsächlichen Fehlermöglichkeiten) bedeutet das behandelte Vorgehen folgendes:

  • Systematische Erfassung sämtlicher Fehler­möglichkeiten und Ursachen im aseptischen Umfeld ­(Verhalten, Prozess, Monitoring etc.)
  • Analyse und Bewertung des definierten Risiko­materials hinsichtlich der Schwere, der Auftritts- und Entdeckungswahrscheinlichkeit
  • Strategische Bewertung der Umsetzbarkeit der definierten Maßnahmen hinsichtlich Beobachtung (Oversight-Protokoll) und Operator-Verhalten

Diese neuartige, den Stand der Wissenschaft und Technik repräsentierende Vorgangsweise bietet dem Anwender vielfältigen Nutzen für die Etablierung hochwirksamer Strategien zur Definition von Quality-Oversight-Maßnahmen. Die lückenlose Rückführbarkeit und die erfolgte Maßnahmenvalidierung sichern die harmonisierte Vorgangsweise ab.

 

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