01.12.2016 • PraxisberichteAevotisAlternanBackfettersatz

Das Biotechunternehmen Evoxx entwickelt Enzyme und Kohlenhydrate für die Lebensmittelindustrie

Evoxx Technologies ist ein industrielles Biotechunternehmen, das sich auf die Entwicklung und Produktion von industriellen Enzymen und neuen Kohlenhydraten durch Biokatalyse konzentriert.

Evoxx Technologies ist ein industrielles Biotechunternehmen, das sich auf die Entwicklung und Produktion von industriellen Enzymen und neuen Kohlenhydraten durch Biokatalyse konzentriert. Hervorgegangen ist das Unternehmen Mitte 2016 aus einer Fusion zwischen dem Enzymspezialisten Evocatal und dem Kohlenhydratspezialisten Aevotis, den Evocatal bereits Anfang 2015 gekauft hatte. Die beiden ursprünglichen Standorte Monheim und Potsdam mit ihren insgesamt rund 40 Mitarbeitern bleiben dabei weiterhin erhalten. LVT LEBENSMITTEL Industrie befragte die Evoxx-Geschäftsführer Dr. Thorsten Eggert (CEO) und Martina Döring (CSO) zu den Hintergründen der Fusion, der Umbenennung und den Zielen, die das Unternehmen derzeit verfolgt. Die Fragen stellte Dr. Birgit Megges.

 

LVT: Herr Dr. Eggert, warum haben Sie sich für die Fusion der beiden Biotechunternehmen Evocatal und Aevotis unter dem neuen Namen Evoxx entschieden?

Dr. T. Eggert: Schon der Kauf von Aevotis im Januar 2015 war mit dem Konzept verbunden, die Enzymentwicklung und -fermentation der Evocatal mit der Kohlenhydrat- und Prozessentwicklung der Aevotis eng zu verzahnen. Die beiden Teams der Firmen ergänzen sich von ihren Kompetenzen einfach sehr gut. Von daher wurden Entwicklungsprojekte sehr schnell standortübergreifend realisiert. Intern wuchs daher der Wunsch, das „Wir“ mit einem gemeinsamen Teamnamen zu festigen. Aber auch in der Kommunikation mit unseren Kunden war uns wichtig, den Mehrwert, der durch den Zusammenschluss der beiden Biotechfirmen erreicht wurde, zu kommunizieren.

Welche Kompetenzen sind unter dem Unternehmensnamen Evoxx zusammengeführt?

Dr. T. Eggert: Unter der neuen Gesellschaft Evoxx Technologies haben wir die Expertisen des Enzymspezialisten Evocatal mit dem umfangreichen Know-how zu Kohlenhydraten der Aevotis zusammengeführt. Kunden finden in unserem Unternehmen einen Partner zur Entwicklung und Umsetzung biologischer Prozesse von der Idee bis hin zur Herstellung des gewünschten Inhaltsstoffs.

Wofür steht der Name?

Dr. T. Eggert: Im Namen Evoxx nehmen wir Bezug auf unsere Wurzeln: Die Silbe „evo“ war bereits in beiden vorherigen Firmennamen enthalten. Je ein „x“ steht stellvertretend für eine der beiden Gründungsfirmen.

In welchen Industriezweigen sehen Sie die wichtigsten Absatzbranchen?

Dr. T. Eggert: Wir setzen den Schwerpunkt auf die Entwicklung und Vermarktung von Enzymen und Kohlenhydraten speziell für den Ernährungsmarkt. Dort sehen wir im Markt der funktionalen Lebensmittel eine zunehmend steigende Nachfrage nach Inhaltsstoffen mit gesundheitsfördernden Eigenschaften. Mit unseren Kohlenhydraten werden wir für die Nahrungsmittelindustrie neue, multifunktionale Inhaltstoffe anbieten, welche vor allem den neuesten wissenschaftlichen Studien zur gesunden Ernährung entsprechen.

Mit Ihrem ursprünglichen Unternehmen Evocatal hatten Sie sich mehr in Richtung Pharmaindustrie orientiert. Warum setzen Sie nun den Hauptfokus auf Lebensmittel?

Dr. T. Eggert: Es ist richtig, bei Evocatal lagen die Schwerpunkte im Bereich Pharma und Feinchemie. Mit unserer Expertise in der Identifizierung und Entwicklung von Enzymen hatte aber auch Evocatal bereits Kooperationen und Kunden aus dem Lebensmittelmarkt. In einem dieser Projekte kam es zur ersten Kooperation mit Aevotis. Wir empfanden diesen Markt immer schon als sehr attraktiv und waren für Lösungsansätze durch enzymatische Prozesse sehr offen.

Mit dem in 2015 erfolgten Zusammenschluss und dem nun vollzogenen Schritt der Fusion und der Umbenennung haben wir eine Bündelung von Enzym- und Produkt-Know-how auf Kohlenhydrat-Basis geschaffen. Mit dieser Konstellation können wir nicht nur Services in diesem Markt anbieten, sondern auch attraktive Produkte.

Wie unterstützt Evoxx die Lebensmittel- und Getränkeindustrie und für welche Anwendungen entwickeln Sie ihre Spezialitäten?

M. Döring: Fehlernährung, mangelnde Ballaststoffversorgung und ein zu hoher Zuckerkonsum gelten nicht nur als Auslöser für Übergewicht sondern können auch verschiedene Krankheiten wie Diabetes und Herzkreislaufstörungen verursachen. Die Konsumenten erhoffen sich von Lebensmitteln zudem einen Zusatznutzen für die Gesundheit und ihr persönliches Wohlbefinden. Wir arbeiten daher an neuen Kohlenhydraten welche kalorienreduziert sind, einen niedrigen glykämischen Index haben oder präbiotisch sind und in verschiedensten Anwendungen und Produkten der Lebensmittelindustrie zum Einsatz kommen können.

Für das Maltose-Alternan-Oligosaccharid MAOS suchen Sie Entwicklungspartner für Lebensmittelanwendungen mit dem Ziel der gemeinsamen Markteinführung. Was ist MAOS und welche Eigenschaften hat es? 

M. Döring: MAOS, auch als Fibermalt bezeichnet, ist ein lösliches Oligosaccharid, welches speziell als langsam verdauliches Kohlenhydrat für die Lebensmittelbranche entwickelt wurde. Das heißt, das die in Fibermalt enthaltene Energie dem Körper gleichmäßig verfügbar gemacht wird und es nicht zu einem schnellen Anstieg des Blutzuckerspiegels kommt, wie zum Beispiel nach dem Verzehr von Zucker. Aufgrund seiner extrem breiten pH-Stabilität und seiner guten Wasserlöslichkeit ist es sehr gut für kohlensäurehaltige Getränke, Sportlernahrung und ähnliche Einsatzbereiche geeignet. Fibermalt ist zudem geruchs- und geschmacksneutral.  

Auf welchen Enzymklassen ist Ihr Portfolio besonders stark ausgeprägt und welche Anwendungsvorteile ergeben sich für die Lebensmittel- und Getränkeindustrie?

M. Döring: Wir arbeiten schwerpunktmäßig mit Glukansucrasen, also Enzymen, welche Zucker umsetzen. Die wichtigste Plattform stellt die Alternansucrase, mit deren Hilfe unter anderem die Produkte MAOS und Alternan – ein niedrig kalorisches Polysaccharid, welches zum Beispiel als Backfettersatz eingesetzt werden kann – hergestellt werden. Eine weitere Enzymklasse sind die Epimerasen, welche aus Fruktose Psicose produzieren. Psicose ist ein Einfachzucker, der nur in geringen Umfange verstoffwechselt  wird und daher, im Vergleich zu Zucker, nur einen Bruchteil der Energie liefert.

In welchen Regionen werden Sie aktiv sein? Wo erwarten Sie die größten Wachstumschancen?

Dr. T. Eggert: Nach wie vor sehen wir unsere Hauptmärkte hier in Europa und in den USA. Gerade mit den neuen Produkten sehen wir zum ersten Mal aber auch die Eintrittsmärkte jenseits des Atlantiks. Der US-Markt wird für uns in den nächsten Jahren stark an Bedeutung gewinnen.

Wo befinden sich die Forschungs- und Entwicklungsstandorte von Evoxx?

Dr. T. Eggert: Wir verfügen über zwei Kompetenzzentren: In Monheim betreiben wir die Enzymentwicklung von der Identifizierung und Optimierung bis hin zur Stammentwicklung und Fermentation. Fermentationsprozesse werden dort für den Transfer zu unseren Lohnherstellern entwickelt. Das Kompetenzzentrum in Potsdam beschäftigt sich mit der Prozess- und Produktentwicklung. Die im Vordergrund stehenden Kohlenhydratprodukte werden dort bis zur Marktreife entwickelt und in ihrem Anwendungsprofil getestet. Auch die Koordinierung der Registrierung sowie der Transfer zum Produktionsdienstleister erfolgt von Potsdam aus.

Welche Kooperationen unterhält Evoxx auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung?

M. Döring: Als KMU ist Evoxx Kooperationen mit akademischen, institutionellen und auch industriellen Partnern gegenüber sehr aufgeschlossen. Aufgrund der ständig steigenden technologischen Komplexität werden Partner mit sehr spezifischen Kenntnissen, maschinellen Ausstattungen oder aber auch Zertifikaten benötigt. So werden gerade bei Enzymen, die im Lebensmittelbereich zum Einsatz kommen, bestimmte Qualitäten wie Koscher und Halal nachgefragt, welche Evoxx dann bei seinen Kooperationspartnern herstellen lässt. Aber auch junge Akademiker werden im Rahmen ihrer Master-, Diplom- oder Doktorarbeit bei uns beschäftigt. Abgerundet wird dies durch die aktive Partnerschaft in öffentlich geförderten Projekten wie zum Beispiel „Fupol“oder „Inmare“.

[Anm. d. Red.: Die Innovationsallianz „Fupol“ beschäftigt sich mit der Entwicklung von Biokatalysatoren zur Funktionalisierung von Polymeren und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Das Projekt „Inmare“ ("Industrial Applications of Marine Enzymes: Innovative screening and expression platforms to discover and use the functional protein diversity from the sea"), wird durch das europäische Programm „Horizon 2020" gefördert und hat zum Ziel, neue Enzyme und Metabolite in zum Teil extremen ozeanischen Habitaten zu identifizieren.]

Wie sehen Ihre Ziele für die nächsten Jahre aus?

Dr. T. Eggert: In den kommenden Jahren haben wir uns zwei wichtige Ziele gesetzt: Zum einen werden wir das Produkt Fibermalt als langsam verdaubares Kohlenhydrat 2017 zunächst in den USA und dann in Europa auf den Markt bringen. Andere Produkte werden in den Folgejahren mit ihrer Markteinführung folgen. Damit stehen regulatorische Themen sowie die Produktion und der Vertrieb deutlich im Vordergrund. Daneben werden wir uns intensiv mit dem Thema der Enzymproduktion auseinandersetzten. In den letzten Jahren haben wir in eigene Anlagen zur Prozessentwicklung und Kleinmengenproduktion investiert. Nun wollen wir den Schritt zur eigenen Produktionsanlage beschreiten und unsere Enzyme in ausreichender Menge selbst produzieren.

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