Filter digitalisieren und den Filterprozess simulieren
Die Mulktiskalensimulation ermöglicht das digitale Filterdesign zur Verhaltensvorhersage, um selbst anspruchsvolle Spezifikationen zu erfüllen. Mit Geo-Dict werden komplexe Geometrien und Simulationen von Filtern mit Gehäuse in den Filterdesign-Workflow integriert und liefern alle wichtigen Leistungsparameter für den gesamten Filter als Funktion der Filtrationszeit.
Vorhersagen über das Verhalten von Materialien waren schon immer ein zentraler Bestandteil der wissenschaftlichen Methodik. Ein Vorgang ist erst dann wirklich verstanden, wenn die Erkenntnisse durch mathematische Modelle unabhängig von einem physikalischen Experiment im Labor vorhergesagt werden können. Mathematische Modelle, die mit Hilfe von Computerprogrammen implementiert und auf alle möglichen Phänomene angewandt werden, bilden daher heute den Kern der Ingenieur-, Chemie- und Biowissenschaften. Im Bereich des Filterdesign, -entwicklung und -optimierung sparen computergestützte Modelle Kosten, beschleunigen Entwicklungsprozesse und reduzieren Fehler.
Von der Nano- bis zur Makroskala
Im Zuge der Covid-19-Pandemie haben viele Filterhersteller weltweit ihre Aktivitäten zur digitalen Auslegung moderner und optimierter Filter intensiviert. Als Antwort darauf hat Math2Market den Multiskalenansatz ihrer Simulationssoftware GeoDict erweitert. In GeoDict ist es nun möglich, Filtermaterialien über verschiedene Größenskalen von der Nano- bis zur Makroskala zu entwerfen und modellieren, sowie die Eigenschaften zu simulieren und optimieren. GeoDict ist nun in der Lage, die Strömung durch jede komplizierte Filtergeometrie, mit oder ohne Gehäuse, zu simulieren und auch Cross-Flow-Filtrationssimulationen z.B. für Membranen durchzuführen. Um die Luftqualität in Innenräumen zu verbessern, wurden kürzlich Simulationen erfolgreich auf Luftreiniger im Raummaßstab durchgeführt. Diese neue Funktion ermöglicht es den Herstellern, die am besten geeignete Luftreiniger und auch die optimale Position des ausgewählten Luftreinigers für einen Innenraum vorzuschlagen.
Automatische Voxelisierung von Geometrien spart Zeit
Bei der Strömungssimulation in kompletten Filtern – industriellen, stationären und dynamischen Komponenten – zeigen sich schnell zwei Engpässe. Zum einen die zeitaufwendige Netzgenerierung und -verfeinerung der modellierten Geometrie, zum anderen die langen Simulationszeiten bei komplizierten Geometrie- oder Strömungsfällen. Mit der Verwendung von neuartigen Modellierungs- und Simulationstechniken in der Software werden diese beiden Herausforderungen durch die automatische Voxelisierung (Übertragen in ein reguläres Gittermodell) von Geometrien und die schnellen und effizienten Strömungs- und Partikelverfolgungslöser bewältigt.
Der Ausgangspunkt für das Verständnis, die Analyse und die Optimierung des Filters durch Strömungs- und Filtrationssimulationen ist die Untersuchung der Nano-/Mikrostruktur des Filtermediums. Der erste Simulationsschritt besteht in der Verarbeitung von Nano-/Mikro-CT-Scan-Bildern des realen Mediums zur Erstellung eines 3D-Nano-/Mikrostrukturmodells[1]. Alternativ kann eine Vielzahl von digitalen 3D-Filtermedien in diesem Maßstab mit Hilfe von Mikrostrukturgeneratoren modelliert werden[2].
Die Ergebnisse aus der aufgelösten Simulation im Mikro-/Nanomaßstab oder aus einem Experiment an einer flachen Platte werden später als Eingangsparameter für eine unaufgelöste Simulation verwendet. Mit aufgelöst ist die aufgelöste Mikrostruktur gemeint, in der jede einzelne Faser identifiziert werden kann. Wenn z.B. die aufgelöste Simulation an einem Filtermedium durchgeführt wird, sollte dieses Filtermedium im nächsten Schritt als plissiertes poröses Medium (unaufgelöst) in einem Filterelement betrachtet werden.
Definitionen auf Makroebene machen Simulation präzise
Auf der Makroebene wird im ersten Schritt der Filtersimulation die CAD-Geometrie des Filters in GeoDict importiert und automatisch voxelisiert. In dem hier dargestellten Fall wird die CAD-Geometrie eines Ölfilters in das Programm importiert. Die Strömung kommt aus dem Einlassbereich oben rechts und links und durchströmt den äußeren Faltenbereich. Das gefilterte Öl wird dann aus dem Auslassteil oben in der Mitte abgeleitet, das einen kreisförmigen Querschnitt aufweist.
Zu sehen sind auch eine innere Falte und ein Zentralventil, das den Durchfluss durch die innere Falte unter bestimmten Bedingungen steuert. Das Ventil ist so ausgelegt, dass es sich öffnet, wenn der Ölfilter durch die äußere Falte verstopft oder wenn das Öl zu dick ist, z. B. im Winter, wenn es zu kalt ist. In diesem Falle würde das Öl durch die innere Falte, die im Vergleich zur äußeren Falte eine höhere Durchlässigkeit aufweist, weiter zum Motor fließen, um Schäden zu vermeiden.
Für eine korrekte und präzise Filtersimulation auf der Makroebene müssen die Eigenschaften der Filtermedien auf der Mikroebene definiert werden. In dem hier gezeigten Fall bestehen die äußeren und inneren Falten aus gewebten Medien, aber auch Vliesstoffe oder andere Medien sind möglich. Der Hersteller des Filtermediums muss Informationen über den Gewebetyp (hier Plain Dutch Weave) und andere geometrische Parameter bereitstellen, um die Geometrie des gewebten Filtermediums zu modellieren. Wenn diese Informationen nicht verfügbar sind, ist eine REM-Aufnahme oder ein µCT-Scan des Filtermediums hilfreich, um die wesentlichen geometrischen Merkmale wie Maschenbeschreibung, Kett- und Schussdurchmesser, Mediendicke usw. zu bestimmen.
In der vorgestellten Software wird das Modul WeaveGeo verwendet, um die Medien der äußeren und inneren Gewebe zu modellieren. Anschließend wird die Strömung von einem Standard-Motoröl 20w50 durch das 3D-Modell jedes Gewebes simuliert, indem die Stokes-Gleichungen gelöst werden. Die Software liefert die Materialdurchlässigkeit jedes Mediums, die ein medieninhärenter Parameter ist und im Stokes-Regime konstant ist, wodurch der Druckabfall linear mit steigender Strömungsgeschwindigkeit zunimmt.
Im nächsten Simulationsschritt wird eine Lifetime-Single-Pass-Filtrationssimulation durch jedes Medium unter Berücksichtigung der ISO 12103- 1 Arizona Prüfstaub A4 Coarse Partikelgrößenverteilung durchgeführt. In dieser Studie werden aufgrund der Anwendung nur Partikel größer als 10 µm berücksichtigt. Die Simulationssoftware liefert quantitative Ergebnisse zum Druckdifferenz als Funktion der Zeit sowie den fraktionierten Abscheidegraden, dem abgelagerten Staub pro Durchlauf und pro Zeit und visualisiert diese Ergebnisse.
Die zuvor berechneten Permeabilitäten der Filtermedien für die inneren und äußeren Gewebefalten werden im nächsten Schritt als Eingabeparameter verwendet, um eine reine Öldurchflusssimulation mit einer Öldurchflussrate von 17 l/min durch den Filter durchzuführen. Die Strömung durch den Ölfilter wird unter Berücksichtigung der offenen Ventilbedingung simuliert und die Strömungslinien werden visualisiert, bevor eine Filtrationssimulation durchgeführt wird.
Bei diesem Multiskalenansatz für Filtrationssimulationen werden wesentliche Parameter auf der Mikroskala oder durch das Filtermedium (aufgelöste Skala) ermittelt und als Eingangsdaten verwendet, um unaufgelöste Simulationen auf der Makroskala oder durch das Filterelement durchzuführen.
Mit diesem Multiskalen-Ansatz sind Filtrationssimulationen strategisch positioniert, um immer anspruchsvollere Aufgaben zu bewältigen und immer komplexere Filtrationsprobleme zu lösen, die durch Laborexperimente nicht gelöst werden können.
Referenzen
[1] D. Hoch, M. Azimian, A. Baumann, J. Behringer, J. Niessner, Comparison of Voxel‐Based and Mesh‐Based CFD Models for Aerosol Deposition on Complex Fibrous Filters, Chemical Engineering & Technology, 2020, 43, No. 12, 2538–2547.
doi.org/10.1002/ceat.202000318
[2] M. Azimian, C. Kühnle, A. Wiegmann, Design and optimization of fibrous filter media using life-time multi-pass simulations, Chemical Engineering & Technology, 2018, 41, No. 5, 928-935. doi.org/10.1002/ceat,202000318.
Autoren: Mehdi Azimian, Barbara Planas, Philipp Eichheimer, Math2Market