Hart im Nehmen und dauerhaft hygienisch - Edelstahl Rostfrei in der Medizintechnik
Medizintechnik ist von entscheidender Bedeutung, um Leben zu retten und Lebensqualität wieder zu verbessern. Die Bandbreite der medizinischen Verfahren, in denen sie Anwendung findet, ist enorm und es wird kontinuierlich an ihrer Erweiterung gearbeitet. Höchste Anforderungen an die dabei eingesetzten Geräte, Instrumente und Werkstoffe sind die Voraussetzung, damit sich Ärzte und Patienten bedingungslos auf sie verlassen können.
Kaum eine andere Branche stellt deshalb so hohe Bedingungen an Normenkonformität und Bearbeitung der eingesetzten Materialien. Edelstahl Rostfrei erfüllt diese Vorgaben vorbildlich und gilt deshalb in der Medizintechnologie als ein bevorzugter Werkstoff.
Ob für lebenserhaltende Geräte, Zuleitungen, Kupplungssysteme, chirurgische Instrumente, Implantate, Verbrauchsmaterialien, Hygieneapparaturen oder Mobiliar: Außergewöhnliche Korrosionsbeständigkeit, Festigkeit und Biokompatibilität machen Edelstahl Rostfrei in einer Vielzahl an Legierungen in der Medizintechnik unentbehrlich. Sein unglaublich vielseitiges Einsatzspektrum zeigt sich in der Allgemein-, Augen-, Kiefer- und Neurochirurgie ebenso wie in der Kardiologie, Orthopädie oder Gynäkologie. Produkte, die nach den wichtigsten Medizinnormen zertifiziert sind, bspw. DIN EN ISO 13485 für die Herstellung und das Design von Medizinprodukten oder die Europäische Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR), gewährleisten, dass sie den ständig steigenden Anforderungen in der medizinischen Diagnose und Therapie gerecht werden. Hersteller, die das international geschützte Markenzeichen Edelstahl Rostfrei verwenden dürfen, bekennen sich zu sachgerechter Materialauswahl und fachgerechter Verarbeitung. Zu den besonders häufig verwendeten Werkstoffen für Instrumente und Geräte zählen die Sorten 1.4441, 1.4404, und 1.4301. Biokompatible Edelstähle sind Sorten wie 1.4021, 1.4057 oder 1.4542.
Robuste Multitalente
In der Kieferchirurgie und Orthopädie sind Edelstahlimplantate wie Schrauben, Stifte oder Platten bei komplizierten Frakturen und gelenknahen Brüchen an Kiefer, Knie, Hüfte oder Hand gängige Praxis. Auch für Teile von Dentalprothesen oder als Verbindung von zerstörten Knochen (Osteosynthese), für Bandscheibenprothesen und Gelenke sind die spezifischen Eigenschaften dieses Werkstoffs gefragt. Oftmals werden diese Komponenten zusätzlich oberflächengehärtet, um die mechanische Widerstandskraft bei unverändert hoher Korrosionsbeständigkeit noch weiter zu erhöhen. Zunehmend werden anatomische Modelle wie Schädelimplantate oder medizinische Instrumente mit hoher Detailgenauigkeit im 3D-Druck aus Edelstahlpulver gefertigt, um zeitaufwändige Prozesse mit individueller Formgebung zu beschleunigen. Noch sind allerdings herkömmliche Herstellungsverfahren mit nichtrostendem Stahl in der Medizintechnik vorherrschend.
Insbesondere chirurgische Instrumente für den OP-Bereich werden in der Regel aus diesem Werkstoff gefertigt. Je nach Einsatzzweck werden sie in verschiedene Klassen unterteilt: Zu den aufhaltenden Instrumenten, die einen ungehinderten Zugang zur Operationsstelle ermöglichen, zählen bspw. Wundhaken und Spekula. Trennende Werkzeuge sind Skalpelle, chirurgische Scheren oder Knochensägen. Auch Löffel und Küretten zur Säuberung von Wunden und Abszessen oder Fadenziehmesser gehören in diese Klasse. Bei Skalpellen, Haltern und Klingen spricht die Schärfe der Schneidkanten für einen martensitischen Werkstoff. Die Wahl zwischen Einmal- oder Mehrweginstrumenten hängt von persönlichen Vorlieben und wirtschaftlichen Faktoren ab. In Funktionalität, Handling und Hygiene sind beide ebenbürtig. Paradebeispiele für Präzision und Leistungsfähigkeit sind Mikroinstrumente für Herz- oder Gefäßoperationen sowie Messer für Schnitte zur mikroskopischen Gewebeuntersuchung mit einer Schnittstärke von 0,1 bis 100 µm. Diese Messer werden aus drei Millimeter starkem nichtrostendem Bandstahl gefertigt. Er ist auch für oszillierende Knochensägen und Skalpellklingen Werkstoff der Wahl.
Klemmende Instrumente wie Arterienklammern aus Edelstahl werden eingesetzt, um Blutungen zu stoppen oder Blutgefäße zu halten. Pinzetten und Zangen gehören zur Klasse der fassenden Instrumente. Präzision der Kanten und Griffigkeit der Schenkel sind hier entscheidend für Effizienz und Sicherheit beim Einsatz. Verbindende Instrumente dienen zum Verschließen von Wunden: Nadeln, Nahtmaterial und Nadelhalter zählen dazu ebenso wie Klammergeräte (Tacker) mit Edelstahlklammern und Geräte, um diese wieder zu entfernen. Der zur Herstellung von chirurgischen Nadeln benötigte Draht muss anspruchsvolle Vorgaben wie engste Durchmessertoleranzen, hohen Glanzgrad, optimale Oberfläche und exakte Festigkeitsvorgaben erfüllen. Hohlnadeln – Kanülen – für Injektionen oder Punktionen werden aus Edelstahl Rostfrei in unterschiedlichen Durchmessern und Längen, geraden oder gebogenen Formen und mit geschliffener oder stumpfer Spitze gefertigt.
Filigrane Lebensretter
Eine zentrale Aufgabe nimmt der Werkstoff auch bei Sonden, Kathetern und Stents in der Kardiologie ein. Ob Ballonkatheter, Herzschrittmacher mit mehreren Edelstahlsonden aus gezwirntem Draht oder ein feinstes dehnbares, röhrenförmiges Gittergeflecht zur dauerhaften Gefäßstützung: Ohne sie könnten viele der häufigsten Herzerkrankungen nicht so erfolgreich behandelt werden. Lebensrettende Funktionen übernehmen bei schwersten Herzerkrankungen auch Implantate aus Edelstahl wie eine dreiflügelige Aortenklappe oder ein Kunstherz, bei dem eine Hightech-Pumpe in der Größe einer Zwei-Euro-Münze das Blut vom Herzen zur Aorta transportiert. Auch bei Herzschrittmachern, implantierten Defibrillatoren und selbstüberwachenden Piezo-Mikropumpen zur Dosierung von Medikamenten oder Gasen sind Komponenten aus nichtrostendem Stahl Standard. Ebenso unverzichtbar ist der Werkstoff in den Sorten 1.4404, 1.4435 oder 1.4571 bei der Dialyse, die Menschen mit chronischem Nierenversagen mehrmals wöchentlich für ihr Überleben benötigen. Bei diesem Verfahren wird den Betroffenen über vier bis fünf Stunden Blut aus der Unterarmvene entzogen, im Dialysegerät von Giftstoffen befreit und anschließend wieder an sie zurückgegeben. Die eingesetzten Nadeln, Katheter, Konzentratleitungen, Pumpen, Ventile und Kupplungssysteme müssen höchsten Anforderungen genügen, die Edelstahl Rostfrei zuverlässig erfüllt. Alle medienberührenden Teile müssen hoch resistent, langlebig und leicht zu reinigen sein – sei es durch Cleaning in Place (CIP) oder ergänzende Dampfsterilisation Steam-in-Place (SIP).
Sichere Wahl
Geräte zur Vorreinigung von medizinischem Instrumentarium, Autoklaven für die Dampfsterilisation, Siebe und Instrumentenbehälter werden deshalb ebenfalls weitgehend aus Edelstahl gefertigt. Dessen hohe Korrosionsbeständigkeit gegenüber Wasser, Körperflüssigkeiten, Säuren und bestimmten Chemikalien – auch bei hohen Temperaturen – gewährleistet die erforderliche Sterilität. Festigkeit und Härte machen den sogenannten Chirurgenstahl widerstandsfähig gegen Abnutzung und Verformung. Daher behalten medizintechnische Instrumente auch bei regelmäßiger Verwendung, Reinigung und komplexen Einsätzen ihre Präzision und Schärfe der Schneidkanten.
Autorin: Ursula Herrling-Tusch, Impetus.PR