Reinraumkran entlastet Gravitationsforschung
Mit einem außergewöhnlichen Reinraumkran hat der Spezialist Altmann an der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Universität von Maastricht eine tragende Rolle in einem weltweit einzigartigen Projekt übernommen.
Die Ausgangssituation war knifflig und die Anforderungen durchaus anspruchsvoll. Doch wer würde auch erwarten, dass der Bau eines Reinraums für ein Gravitationswellen-Observatorium zur Erforschung der inneren Funktionsweise des Universums mit trivialen Anforderungen daherkäme?
Immerhin wird im Rahmen des Forschungsprojekts „ETpathfinder“ unter der Leitung von Prof. Stefan Hild eine Art maßstabsgetreues Modell für das Einstein-Teleskop (ET) errichtet. Dies wiederum ist in ein in Planung befindlicher tiefgekühlter, dreieckiger unterirdischer Laserdetektor mit drei 10 km langen Armen, der theoretisch in der Lage sein wird, das Universum bis zurück zum Urknall zu erforschen.
Der „ETpathfinder“ als Testanlage wird derzeit in einer ehemaligen Transporthalle in Maastricht gebaut, die in den letzten Monaten aufwändig zu einem Reinraum mit schwingungsarmem Boden umgebaut wurde. Nach Einschätzung von Experten wird dieses Forschungsprojekt zu einer wertvollen Infrastruktur für die weitere Erforschung von Gravitationswellen und der Technologie zu deren Nachweis werden. Nichts Kleines also, was man sich da vorgenommen hat. Und auch nichts, wo projektverzögernde Pannen auftreten sollten.
Schnell kam das auf Reinraumkrane spezialisierte Unternehmen Altmann aus dem bayerischen Albaching ins Spiel und realisierte binnen weniger Wochen eine beeindruckende Anlage in Sonderanfertigung: 22 m Spannweite, ein Zwillingshebezeug mit zwei extrem präzisen, voll synchronisierten Hubwerken, die als Master/Slave verbunden sind und eine Tragkraft von jeweils 2.000 kg mitbringen.
An die Grenzen der Physik
Die Herausforderung, einen Kran dieser Abmessungen in einen bereits fertiggestellten Reinraum einzubringen, löste Altmann zum großen Erstaunen der Maastrichter Forscher durch einen geteilten Brückenträger mit Montagestoß. Für die beiden Firmenchefs Achim und Robert Altmann war dies jedoch nichts, was ihnen schlaflose Nächte bereitet hätte. Ihrem Motto „nur die Physik zeigt uns die Grenzen“ folgend, hatten sie mit ihrem Mitarbeiterstab bereits zuvor bei einem anderen Projekt gezeigt, dass sie mit ihren Lösungen alle Möglichkeiten im Interesse des Kunden ausreizen. Dabei hatten sie mit zwei 30-Tonnen-Reinraumkranen mit je 30 m Spannweite den Beweis angetreten, dass man selbst eine solche Mega-Anlage in Teilen in den Reinraum einbringen und vor Ort – unter Beachtung der Hygieneerfordernisse – montieren und in Betrieb nehmen kann.
ET-Testanlage
Im Maastrichter Projekt wird der Kran nun zunächst dazu verwendet, um die Komponenten für die ET-Testanlage sowie die gesamte Laboreinrichtung in den ISO 8-Reinraum einzubringen. Der Kran hingegen wurde auf ISO 6 ausgelegt. Später wird er dazu verwendet, um die erforderlichen Umbauten des Versuchsaufbaus lastenmäßig zu leisten. Hier wird sich zweifellos die Flexibilität und Präzision der beiden Hubwerke mit immerhin 4 t Traglast als nützlich erweisen. Denn bei der Veränderung der Versuchsaufbauten und der jeweils nötigen Forschungsausrüstungen, die montiert und demontiert werden müssen, handelt es sich zum Großteil um Unikate, die zwingend sehr präzise und langsam miteinander zu verbinden bzw. voneinander zu trennen sind.
Bei diesem Projekt, so hebt Robert Altmann im Gespräch hervor, habe sich die hohe Fertigungstiefe des Unternehmens sowie das umfassende Serviceangebot als Segen erwiesen. Niemals hätte man den engen Zeitrahmen halten können, wäre man auf Zulieferer oder Subunternehmer angewiesen gewesen. Tatsächlich macht Altmann (fast) alles selbst, von der Planung, statischen Berechnung, mechanischen und elektrischen Konstruktion, über die Steuerungen, die Programmierung und Inbetriebnahme der gesamten Software, bis hin zur kompletten Fertigung einschließlich der Zahnräder und der abschließenden Sachverständigenabnahme. „Wir bieten eben Reinraumtechnik von Anfang bis Ende fertig gedacht“, sagt der Firmenchef nicht ganz ohne Stolz.
Hohen Standard selbst gesetzt
Aber auch rein technisch sind die Altmann-Krane eine Besonderheit. Da ist zunächst die flache Bauhöhe zu nennen, durch die sich die jeweils gegebene Raumhöhe optimal ausnutzen lässt und die auch in Maastricht viel umbauten Raum einspart. Und dann ist da ganz wesentlich der von Altmann selbst gesetzte hohe Standard für Reinraumkrane, der in diesem Marktsegment als Benchmark wirkt. Denn es reicht längst nicht mehr, einen Reinraumkran so zu bauen, dass er den Anforderungen der ISO 14644-1 genügt. Auch Betrieb, Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten sowie das Nachrüsten von Komponenten oder Funktionen dürfen nicht zu Kontaminationen führen.
Daher sind Krane von Altmann durchgehend pulverbeschichtet und verfügen somit über glatte, kratzfeste und leicht zu reinigende Oberflächen. Alle Kabel, verzahnten Baugruppen, Verschraubungen, Elektrokomponenten, Sensoren sowie das Hubwerk mit Elektrogurtzug sind in Gehäusen sauber „verpackt“. Die Materialien sind so gewählt und kombiniert, dass Abrieb und Ausgasungen weitestgehend vermieden werden. Die Duplex-Lastgurte sind absolut wartungsfrei, verschleißen kaum und dehnen sich aufgrund einer speziellen Materialpaarung nur minimal. Herkömmliche Textilgurte dehnen sich dagegen zuerst messbar in der Länge aus, bevor die Last überhaupt angehoben wird. Zur Vermeidung von Abrieb am drehbaren Lasthaken besteht dieser nach DIN 15400 entweder aus Edelstahl oder ist mit einer hartvernickelten Beschichtung versehen.
In Sachen Tragkraft ist Altmann zwar jüngst durch seinen Weltrekord mit zwei Reinraumkranen mit 2 x 15 t in die Schlagzeilen gekommen, doch bietet das Unternehmen auch kleinere Ausführungen ab 500 kg an.
Keine Kompromisse
Auch wenn es im Maastrichter Projekt ganz wesentlich um Einsteins Relativitätstheorie gehen wird, ist der Erfolg des Projekts Reinraumkran bereits heute absolut. Mit weniger hätten sich Achim und Robert Altmann wohl auch kaum zufriedengegeben. Ihr Credo passt bestens zum Gesamtkonzept von „ETpathfinder“: „Der Reinraum verträgt alles, nur keine Kompromisse“. Wir dürfen gespannt sein, welche Ergebnisse das Maastrichter Forschungsprojekt mithilfe der Altmann-Reinraumkrane ans Licht heben wird.
Autorin: Barbara Fischer-Reineke, freie Journalistin